Dort, wo der Roemislochbach durch ein kleines Tal fliesst, zieht sich ein rostrotes Band über den Boden. Das Waldstück liegt im Elsass, keine 250 Meter von der Schweizer Grenze entfernt. An diesem Septembertag ist der Bach nur ein kleines Rinnsal, da es seit Tagen nicht mehr geregnet hat. Die Farbe sehe zwar bedrohlich aus, sei an sich aber nicht das Problem, sagt der Altlastenexperte Martin Forter. Denn diese stamme von Eisenverbindungen, die mit der Luft reagieren und so eine rötliche Farbe annehmen.
Dennoch sei das rostrote Band ein Indiz – für Forter ein Fingerzeig dafür, dass im Boden oberhalb der Senke immer noch Eisenspäne und mit ihnen andere Abfallstoffe aus der Textilfarben-Herstellung vorhanden sind. Den Chemieabfall deponierte die ehemalige Basler Firma J.R. Geigy Ende der 1950er-Jahre im Roemisloch, gleich hinter der französischen Gemeinde Neuwiler. Vor zehn Jahren sanierten die drei Nachfolgefirmen BASF, Novartis und Syngenta die Deponie und entfernten nach eigenen Angaben sämtliche Abfallprodukte. Doch daran zweifelt Forter.
Grenzwerte bei weitem überschritten
Im Roemisbach unmittelbar unterhalb der ehemaligen Deponie fand Forter eine ganze Palette verschiedener chemischen Stoffe, darunter auch das krebserregende Benzidin. «Die Konzentrationen, die wir gefunden haben, überschreiten bei weitem die französischen Grenzwerte und auch die tiefer angesetzten Schweizer Grenzwerte», sagt Forter, der im Auftrag der Baselbieter Nachbargemeinde Allschwil arbeitet. Er ist deshalb überzeugt: Die Roemisloch-Deponie sei nicht richtig saniert worden, im Boden habe es immer noch giftigen Abfall.
Aufgrund Forters Untersuchungen ist auch der Allschwiler Gemeinderat alarmiert und fordert seit mehreren Jahren die Firmen BASF, Syngenta und Novartis dazu auf, das Roemisloch erneut genau zu untersuchen. Denn das Wasser aus dem Roemislochbach fliesst über die Grenze in den Mühlibach, der die Baselbieter Gemeinde passiert.
Besorgt ist Allschwil, obwohl die Gemeinde im Mühlibach bisher kaum einen der Chemiestoffe fand, die sie unterhalb der Deponie entdeckt hat . Auch der Kanton Baselland, der den Mühlibach seit Jahren regelmässig überprüft, habe bisher keinen Grund zur Sorge entdecken können, hiess es kürzlich in einer Antwort der Regierung.
Für den CVP-Gemeinderat Philippe Hofmann ist dies ein schwacher Trost. Schliesslich könne man in einer Wasseranalyse nur jene Stoffe finden, nach denen man auch gezielt suchte. Deshalb könne es gut sein, dass gewisse Stoffe schlicht übersehen wurden. «Wir wollen, dass die Chemiefirmen endlich die Deponie nachhaltig sanieren», sagt Hofmann, der in der Gemeinde für das Ressort Umwelt zuständig ist. Nachhaltig sei die Sanierung erst dann, wenn im Gewässer keine Substanzen mehr gemessen werden können.
Firmen wehren sich gegen Vorwürfe
Dass die Deponie Roemisloch nur ungenügend saniert wurde, dagegen wehrt sich Hans-Jürg Reinhart vehement. Er ist der Projektleiter einer Interessengemeinschaft, in der sich die Firmen BASF, Novartis und Syngenta zusammengeschlossen haben. Der Müll sei weitgehend beseitigt worden und die französischen Behörden hätten dies auch so bestätigt. Die Chemiestoffe, die Allschwil gemessen hat und die zum Teil auch die Interessengemeinschaft bei den jährlichen Kontrollen im Grundwasser feststellt, sei keine Überraschung.
«Das ist eine Restbelastung, die sich über Jahre abbaut, aber nicht mehr durch eine Abfallquelle gefüttert wird», sagt Reinhart. Der Abfall lag über 50 Jahre im Boden und ein Teil der chemischen Substanzen diffundierte währenddessen in den umliegenden Boden. Konkret in eine lehmhaltige Schicht. Man könne diese mit einem Schwamm vergleichen, aus dem immer wieder Stoffe in das Grundwasser gelangen.
Zwar habe man versucht, möglichst viel von diesem verunreinigten Kontaktmaterial zu entfernen. Aber alles herauszuholen wäre schlicht nicht möglich, so Reinhart. Tatsächlich ist dieses Phänomen häufig bei sanierten Deponien zu beobachten. In gewissen Fällen entscheiden sich die Verantwortlichen, erneut Bodenmaterial auszuheben. Entscheidend ist dabei, ob die verbleibende Belastung Mensch und Umwelt gefährdet.
Im Fall der Roemislochdeponie sei dies nicht der Fall, sagt Projektleiter Reinhart. «Unsere Messungen im Bach weiter unten zeigen, dass die Stoffe stark abnehmen.» Dies würden auch die Untersuchungen des Kantons im Mühlibach zeigen. Den Allschwiler Gemeinderat Hofmann beruhigt diese Erklärung jedoch nicht: «Solange ich nicht einen klaren Beweis habe, glaube ich nicht, dass es sich hier nur um Restbelastungen handelt».
Zwischen Gemeinde und Chemiefirmen herrscht seit mehren Jahren Funkstille. Dies soll sich nun ändern, sagt Reinhart von der Interessengemeinschaft . Man wolle den Dialog wieder aufnehmen. Das krebserregende Benzidin sei ein neuer Sachverhalt, den man nun genauer untersuchen wollen. Eine entsprechende Studie wurde in Auftrag gegeben.