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Angriff auf das Bundeshaus Sicherheitsdirektor Nause: «Eine rote Linie wurde überschritten»

Mit dem Tweet «Polizei verhindert möglichen Sturm aufs Bundeshaus» hat der Stadtberner Sicherheitsdirektor Reto Nause am Donnerstagabend die mit Wasserwerfern beendeten Angriffe gewisser Corona-Skeptiker kommentiert. Am Tag danach zeigt er sich überzeugt, dass das angesichts der aufgeheizten Stimmung die richtige Massnahme war – und auch die treffende Wortwahl.

Reto Nause

Gemeinderat der Stadt Bern

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Der Historiker und Politologe Reto Nause ist seit 2009 Gemeinderat der Stadt Bern (Exekutive), Direktor für Sicherheit, Umwelt und Energie. Von 2001 bis 2008 war er Generalsekretär der CVP Schweiz.

SRF News: Ein «möglicher Sturm aufs Bundeshaus» –  was genau wollten Sie damit sagen?

Reto Nause: Zuerst einmal muss man diese Gewalt vom Donnerstag verurteilen. Die Bundeshäuser waren in der Schweiz immer heilig, und solche Angriffe haben wir noch nie erlebt. Wenn eine Polizeisperre attackiert wird, wenn daran gerüttelt wird und wenn trotz polizeilicher Abmahnung nichts passiert, sind wir gezwungen, einzugreifen.

Wir wissen seit Wochen und Monaten, dass die Bilder vom Angriff aufs US-Kapitol in den Foren der Massnahmen-Skeptiker kursieren. Es muss vermehrt mit Personenschutz gearbeitet werden. Die Emotionen haben sich ungut hochgeschaukelt. Da kann man eigentlich nur zur Mässigung aufrufen.

Wir wissen seit Wochen und Monaten, dass die Bilder vom Angriff aufs US-Kapitol in den Foren der Massnahmen-Skeptiker kursieren.
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Ich möchte nicht darüber spekulieren, was passiert wäre, wenn es keinen Zaun gegeben hätte. Auf dem Bundesplatz hatte es zwischen 2000 und 4000 Personen, Dutzende rüttelten am Zaun, dazu Raketen, Böller und Flaschen, die auf die Einsatzkräfte flogen. Das ist eine gewalttätige Entwicklung, die sich radikalisiert hat.

Auch wenn ich nach wie vor davon ausgehe, dass die Mehrheit der Massnahmen-Skeptiker eigentlich friedlich ist. Sie schart sich dann aber um einen militanten Kern, der zur Tat schreitet. Der Appell an diese Leute: Bleiben Sie zu Hause!

Viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer fühlen sich durch den Tweet zu Unrecht verurteilt. Ist Ihre Aussage nicht übertrieben gewesen?

Das glaube ich nicht. Ich stand hinter dem Zaun und habe schon viele Kundgebungen der Massnahmen-Skeptiker miterlebt. Von Mal zu Mal ist die Stimmung aufgeladener, und die Zwischenfälle haben sich gehäuft. Gestern gab es auch verbale und physische Auseinandersetzungen während des Umzugs. Die Stimmung ist nicht gut. Wir sind alle gut beraten, wenn wir uns jetzt mässigen.

Von Mal zu Mal ist die Stimmung aufgeladener, und die Zwischenfälle haben sich gehäuft.
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Heizt Ihre Rhetorik die Stimmung nicht weiter auf?

Nein. Man muss den friedlichen Kreisen, die ihren Unmut zum Ausdruck bringen wollen, sagen: Nutzt das Internet und die Leserbriefspalten, aber geht nicht auf die Strasse, sonst schützt ihr eine kleine gewaltbereite Minderheit!

Was führte Ihrer Ansicht nach zur Eskalation?

Die Eskalation ging klar vom Bundesplatz aus. Wir haben mehrfach mit Lautsprechern dazu aufrufen, sich vom Zaun fernzuhalten. Irgendwann mussten wir eingreifen. Unser Kernauftrag ist es, die Bundeshäuser zu schützen. Die Session ist am Laufen. Da kann es nicht sein, dass irgendwo plötzlich Scheiben zu Bruch gehen und Weiteres. Hier ist wirklich eine rote Linie überschritten worden, die man nicht überschreiten darf.

Hat sich bei der Sicherheit von Bundeshaus und Bundesverwaltung in den letzten Monaten etwas verändert?

Ja, wir müssen die Gebäulichkeiten vermehrt schützen – mit erheblichem Aufwand. Das ist eine Situation, wie ich sie vor fünf oder zehn Jahren noch für unmöglich gehalten habe.

Das Gespräch führte Christian Liechti.

SRF 4 News, 17.09.2021, 11:10 Uhr ; 

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