Fast 100 Corona-Fälle in der Schweiz, 200 weitere in Abklärung. «Die Lage ist ernst und wird immer ernster», teilt heute das BAG mit. Italien schliesst alle Schulen und Universitäten bis Mitte März und ein ETH-Epidemiologe warnt vor 40'000 Menschen mit «kritischem Krankheitsverlauf» allein in der Schweiz.
In diese Gemengelage kommen nun Eventveranstalter und Clubbetreiber und sagen: so nicht! Das Verbot von grossen Veranstaltungen sei unverhältnismässig, die Massnahmen der Kantone unverständlich.
Die Welt des Amüsements trifft auf eine Welt im Krisenmodus, die mit Todesopfer-Zahlen und Ad-hoc-Massnahmen umgehen muss. Schlechte Karten für die Unterhaltungsbranche, denn Leben retten geht vor Abtanzen.
Gravierende Konsequenzen in der Branche
Wer aber die massiven Auswirkungen eines Verbots von Veranstaltungen mit mehr als 1000 Teilnehmenden für die ganze Event- und Veranstaltungsbranche kennt, der versteht die Panik – dieses Wort brauchen Branchenvertreter – der Direktbetroffenen: Buchungsagenturen, Lokalbetreiber, Kunstmanagements, Messebauer oder Sportveranstalter.
Allein die Messebranche beschäftigt fast 6000 Personen. Über ein halbes Dutzend Messen sind in den letzten Tagen bereits abgeblasen worden. 60 Millionen Franken Schaden in nicht einmal zwei Wochen. Bereits gibt es Entlassungen. Tausende sind im Stundenlohn als Türsteher, Barangestellte oder Kassiers angestellt. Dazu kommen Musikerinnen, Kleinkünstler und natürlich die ganze Profi-Sportwelt.
Sie alle stehen tatsächlich vor einer ungewissen Zukunft: Wie lange noch sind grössere Veranstaltungen verboten? Trifft es bald auch kleinere Events? Kantone haben diese bereits im Visier und die Stadt Chur möchte keine Veranstaltungen mit mehr als 50 Personen.
Wer bezahlt die laufenden Löhne und womit? Denn Einnahmen sind per sofort weggebrochen. Womit sollen die AHV bezahlt, die laufenden Zinsen bedient und Mieten beglichen werden?
Fehlende Planungssicherheit
Die Existenzangst einer ganzen Branche kann nicht auf den marktwirtschaftlichen Mechanismus reduziert werden. Die Branche ist nicht «selber schuld», hat sich nicht verspekuliert. Der Bund beschloss notwendigerweise und mit gutem Recht Massnahmen zum Schutz der Allgemeinheit. Wie lange diese Massnahmen gelten und ob sie noch verschärft werden müssen, weiss zurzeit niemand.
Aber Tausende Angestellte können nicht einfach warten, ob ihnen heute oder Morgen wegen fehlender Geschäftsgrundlage gekündigt wird. Die Politik muss sich eingestehen, dass zur Allgemeinheit, die zu schützen ist, auch wirtschaftlich betroffene Unternehmen und Arbeitnehmer gehören. Diese brauchen wenigstens eine halbwegs verlässliche Planungssicherheit.
«10vor10», 04.03.2020, 21:50 Uhr; kurn; frol