«Drei Minuten Staatsfernsehen» – so betitelt das Online-Fachmagazin Medienwoche einen Hintergrund-Text zu den Bundesratsansprachen auf den Fernseh- und Radiosendern der SRG. Nach Ansicht der Unabhängigen Beschwerdeinstanz UBI soll damit Schluss sein.
Auf Nachfrage erklärt der Autor Nick Lüthi: «Es ist eine Tatsache, dass in diesen drei Minuten, wo der Bundesrat spricht, die SRG-Redaktion keine Kontrolle über den Inhalt hat. Es ist de facto Staatsradio oder Staatsfernsehen. Das widerspricht eigentlich dem Grundgedanken des Mediums.»
Es ist eine Tatsache, dass in diesen drei Minuten, wo der Bundesrat spricht, die SRG-Redaktion keine Kontrolle über den Inhalt hat.
Dass sich der zuständige Bundesrat unkommentiert, ohne kritische Gegenfragen oder ohne Konfrontation mit dem anderen politischen Lager zur besten Sendezeit direkt ans Publikum wenden kann, verstösst in den Augen der Beschwerdeinstanz UBI gegen das rundfunkrechtliche Vielfaltsgebot.
UBI-Präsidentin Mascha Santschi sagt es so: «Das Vielfaltsgebot will sicherstellen, dass man vor Wahlen und Abstimmungen die Chancengleichheit der Lager beachtet, so dass sich das Publikum im Hinblick auf die kommenden Abstimmungen frei eine Meinung bilden kann.»
Ombudsstelle begrüsst Klärung
Es ist das erste Mal, dass sich die UBI zu diesen bundesrätlichen Abstimmungsbeiträgen äussern muss. Bei der Ombudsstelle hingegen, die der UBI vorgelagert ist, waren sie immer wieder Thema. Es gab immer wieder Beschwerden, doch wies die Ombudsstelle diese jeweils mit der Begründung ab, es gebe eine Abmachung zwischen der SRG und der Bundeskanzlei.
Entsprechend müsse die SRG diese Beiträge ausstrahlen, ohne darüber eine redaktionelle Kontrolle ausüben zu können. Dies sei zwar ein Schönheitsfehler, den man aber in Kauf nehmen müsse. Auf Anfrage heisst es bei der Ombudsstelle der SRG Deutsch-Schweiz, man sei froh, dass es nun einen Grundsatzentscheid und eine Klärung durch die UBI gebe.
Keine andere Lösung in Sicht
Doch wie es nun weitergeht, ist zurzeit offen. UBI-Präsidentin Santschi stellt klar: «Das heisst nicht, dass diese Stellungnahmen des Bundesrates nicht mehr ausgestrahlt werden dürfen. Das können sie nach wie vor. Sie müssen aber in einen Kontext eingebettet werden, der auch die Gegenseite berücksichtigt.»
Das heisst nicht, dass diese Stellungnahmen des Bundesrates nicht mehr ausgestrahlt werden dürfen.
Wäre es nun eine mögliche Lösung, auch dem gegnerischen Abstimmungskomitee die gleiche Möglichkeit eines freien kurzen Auftritts in Radio und Fernsehen zu geben?
Nach den Worten von Medienjournalist Nick Lüthi wäre das die «schlechtestmögliche Lösung», auch wenn sie auf den ersten Blick vernünftig erscheine: «Stellt man sich vor, dass ein Komitee mit zweifelhaften und schlimmstenfalls justiziablen Inhalten auftritt und SRF diese verbreiten müsste, könnte es heikel werden.»
BK: Ausgewogen und sachlich als Kriterien
Die SRG, zu der auch Radio SRF gehört, will zuerst die schriftliche Begründung der UBI abwarten, bevor sie über das weitere Vorgehen entscheidet. Ebenso die Bundeskanzlei, die die bundesrätlichen Auftritte organisiert.
Bisher vertrat die Bundeskanzlei jeweils die Position, dass die bundesrätlichen Auftritte zum gesetzlichen Informationsauftrag des Bundesrats gehörten. Und er müsse laut Gesetz ausgewogen und sachlich informieren.