In der Schweiz wird rund ein Drittel aller produzierten Lebensmittel weggeworfen. Jedes Jahr sind das über 2 Millionen Tonnen Esswaren. Die App «Too Good To Go» will überschüssiges Essen, das «zu gut zum Wegwerfen» ist, an den Kunden bringen und so dieser Verschwendung entgegenwirken. Damit werden monatlich rund 15'000 Mahlzeiten gerettet – und es sollen noch mehr werden.
Das Konzept wurde 2016 in Dänemark eingeführt. Heute bieten in der Schweiz rund 400 Restaurants, Bäckereien und Lebensmittelhändler ihren täglichen Überschuss mit der App online an.
Perfekter Absatzkanal zu Ladenschluss
So auch ein asiatisches Restaurant in Zürich. Kurz vor 23 Uhr holt ein letzter Kunde eine Portion unverkauftes Essen ab. Dieses kostet noch einen Drittel des ursprünglichen Preises. Ein Kunde hat sein Abendessen – ein Dutzend tibetanische Momos (Teigtaschen) – über die App «Too Good To Go» reserviert: «Ich arbeite meistens spät und für mich ist es perfekt, wenn ich auf dem Heimweg noch schnell etwas zum Essen abholen kann. Dazu ist es noch ein Stück günstiger als sonst.»
Für den Geschäftsführer Lobsang Reichlin bringt die App eine Win-win-Situation. «Wir hatten schon Leute, die haben uns nicht gekannt und sind durch die App zu uns gekommen und haben uns eigentlich so entdeckt.»
Lebensmittelhändler steigen ein
Die Idee überzeugt jetzt auch die Detailhändler. In der Migros Luzern wird die App seit einem Monat getestet. Mitarbeiterinnen sammeln jeden Tag die unverkauften Produkte ein und stellt sie zu Warenkörben zusammen. Frischeprodukte, die nicht verkauft werden, würden sonst weggeworfen.
Bei der Migros werden 1,4 Prozent der Lebensmittel nicht verkauft trotz der ergriffenen Massnahmen, um den «Food Waste» zu reduzieren. Es gebe da schon einen Zielkonflikt, erklärt Tristan Cerf, Mediensprecher der Migros Westschweiz: «Der Kunde erwartet bis zum Ladenschluss volle Regale, aber gleichzeitig soll es keine Lebensmittel-Abfälle geben. Dank einer solchen App können wir unsere Produkte am Ende des Tages flexibel über diesen Kanal verkaufen.»
Konsumverhalten neu definieren
Die Gründer von Too Good To Go bezeichnen sich selber als «motivierten Haufen Lebensmittelretterinnen und -retter, vereint durch den Wunsch, unser Konsumverhalten neu zu erfinden». Auch für Lucie Rein, Gründerin von Too Good To Go Schweiz, geht es in erster Linie darum, dass Lebensmittel nicht weggeworfen werden.
Dabei wolle man aber nicht anderen Hilfsorganisation Lebensmittel wegnehmen, die sie an Bedürftige abgeben, erklärt Rein: «Die App ermöglicht es unseren Partnern, Produkte zu retten, die nicht mehr verkauft werden können. Solange das Essen gerettet wird, ist das für uns gut. Wenn aber ein Betrieb uns sagt, dass er das Essen bereits an eine Hilfsorganisation spendet, dann braucht es uns nicht.»