Die Zehntausenden Schweizerinnen und Schweizer, die jetzt per Homeoffice von zuhause aus arbeiten, belasten das Internet gar nicht so stark, wie man denken würde. Für Probleme seien eher Netflix-Gucker und Gamer verantwortlich, sagt SRF-Digitalredaktor Peter Buchmann.
SRF News: Lässt sich bereits abschätzen, wie sich die veränderten Arbeitsbedingungen auf den Schweizer Datenverkehr auswirken?
Peter Buchmann: Die neue Arbeitsweise hat das Datenvolumen im Internet noch nicht wesentlich verändert. In normalen Zeiten wird das Netz jeweils am Abend zwischen 18 und 22 Uhr am stärksten belastet. Dann schauen die Leute fern, oder sie schauen sich Filme über Netflix und YouTube an. Die Datenmenge, die wir beim Arbeiten im Homeoffice generieren, macht demgegenüber bloss ein paar wenige Prozente aus.
Auch wenn jetzt Hunderttausende zuhause tagsüber vor dem Bildschirm sitzen, wird Homeoffice die Menge des Datenverkehrs im Internet kaum beeinflussen?
Davon sind die Provider bis jetzt ausgegangen. Wie sich die Menschen aber unter den neuen Bedingungen verhalten werden, lässt sich kaum voraussagen. Internetanbieter in Italien berichten, dass das Datenvolumen im Zuge der Corona-Krise tagsüber um 40 Prozent gestiegen sei – aber nicht wegen Homeoffice, sondern weil viele Jugendliche jetzt statt zur Schule zu gehen, tagsüber gamen.
Viele schauen zuhause in der Mittagspause jetzt Netflix.
Ähnliches hört man aus Spanien. Und auch bei uns zeichnen sich erste Trends ab. So berichtet Markus Bucher, Chef Technologie bei UPC, von einem «Netflix Lunchpeak»: Offenbar würden viele Leute, die jetzt zuhause arbeiten, in der Mittagspause Netflix schauen.
Sind die Schweizer Internetanbieter für die neue Situation gewappnet?
Die Internet-Provider verfügen wie grössere Firmen und Organisationen über Notfallpläne für Krisensituationen wie etwa den Pandemiefall. Das Problem: Man kann zwar planen, aber die geplanten Szenarien kann man nicht realistisch testen – schliesslich kann man nicht Zehntausende Personen für einen Test aufbieten.
Man kann alles planen – aber den Ernstfall testen, kann man nicht.
Es zeigt sich erst im Ernstfall, ob die IT-Infrastruktur eines Unternehmens noch funktioniert, wenn die Belegschaft von aussen übers Internet auf die Firmendaten zugreift. Diesen Ernstfall haben wir jetzt – er ist zugleich auch der eigentliche Testfall.
Wer jetzt also von zuhause aus arbeitet, muss damit rechnen, dass es weiterhin zu Störungen kommen kann?
Das ist tatsächlich so. Die Ursachen für die Probleme können aber nicht nur bei den Providern liegen, sondern auch bei den Firmennetzen. Wenn ein Unternehmen zum Beispiel einen Internetanschluss hat, der nicht dafür ausgelegt ist, dass die ganze Belegschaft von aussen auf Firmendaten zugreift, wird er überlastet. Die neue Situation zeigt also Grenzen und Schwachstellen auf. Deshalb ist derzeit auch Kreativität gefragt.
Gefragt ist Kreativität – doch die Sicherheit muss dabei beachtet werden.
Welche kreativen Ideen oder Lösungen könnten das sein?
Für Datenübertragungen kann man beispielsweise auf Dienste ausweichen, die man sonst privat benutzt, wie etwa Dropbox. Allerdings sind die Sicherheitsspezialisten in den Firmen von solchen Lösungen nicht immer begeistert, weil sie befürchten, es könnte so Schadsoftware eingeschleust werden. Kreativität ist also gut, man sollte dabei aber immer die Sicherheit im Auge behalten.
Das Gespräch führte Claudia Weber.