Der Bundesrat hat dieser Tage viele Lockerungsschritte veranlasst, unser Alltag wird wieder normaler werden. Fortan werden vor allem die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie Thema sein. Darum hat der Bundesrat Mitte Mai auch die Möglichkeit der Kurzarbeit bis Ende Jahr verlängert.
Dieses Instrument wird aber häufig missbraucht, so auch im Kanton Tessin. Der stellvertretende Tessiner Generalstaatsanwalt Andrea Balerna warnte jüngst vor den Betrügereien rund um die Kurzarbeitshilfsleistungen des Staates.
Seco: bisher 770 Missbrauchsmeldungen
Die bisher im Kanton Tessin eingegangenen rund 30 Verdachtsmeldungen seien nur die Spitze des Eisbergs: «Das Tessin verhält sich hier wie der Rest der Schweiz, in den nächsten Jahren werden noch zahlreiche weitere Missbrauchsfälle auffliegen», so Balerna.
Es ist nur die Spitze des Eisbergs.
Das Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco), das die Oberaufsicht über die Kurzarbeitsentschädigungen hat, zählte bisher landesweit rund 770 Missbrauchsmeldungen. Bisher sind Rückforderungen von knapp 9.5 Millionen Franken gestellt worden.
Scharfe Kritik von der Finanzkontrolle
Der Direktor der Eidg. Finanzkontrolle (EFK), Michel Huissoud, zeigt sich beunruhigt und schockiert von der Anzahl Beanstandungen, Fehler und Missbräuche.
Ich bin schockiert von der Anzahl an Beanstandungen, Fehlern und Missbräuchen.
Ebenso sei er schockiert, dass so wenig geprüft werde. So habe er gehört, dass die Inspektoren der Arbeitslosenversicherung wegen der vom Bundesrat verordneten Homeoffice-Pflicht zu Hause blieben. «Das verstehe ich nicht. Die Zollverwaltung ist an der Grenze, die Polizei ist da. In Coop und Migros wird man bedient. Aber bei den Prüfungen vor Ort passiert nichts», kritisiert Huissoud.
EFK-Direktor: vereinfachtes Verfahren aufheben
Ein weiterer Grund, der den Missbrauch begünstige, sei das vereinfachte Verfahren, welches das Seco eingeführt hat, damit die Betriebe unbürokratisch und damit schnell ans Geld kommen. Dieses biete viel Raum für Missbrauch und sei daher aufzuheben, empfiehlt Huissoud.
Das Seco will derzeit zu diesen Vorwürfen keine Stellung nehmen. An der nächsten Medienkonferenz im Juni werde über das Thema Kurzarbeit und Missbrauch informiert, heisst es.