Unterwegs im dichten Unterholz mit der Zürcherin Monika Reisel. Die 40-Jährige lässt ihren Metalldetektoren über den Boden gleiten. Das Gerät piepst immer wieder. Zeigt es eine römische Münze an? Liegen unter der Erde alte Ziegel, Knöpfe oder ein Fingerhut? Fehlanzeige. An diesem warmen Sommertag stösst Reisel nur auf Draht und eine Eistee-Verpackung. Doch sie lässt sich nicht entmutigen.
Schon als Kind hat sich Monika Reisel für Archäologie interessiert. Seit sechs Jahren geht die Pädagogin nun in ihrer Freizeit dieser Leidenschaft nach. Zum einen motiviere es sie, neue Fundstellen zu entdecken. «Und mich fasziniert es, bei einem Fund etwas in den Händen zu halten, das vielleicht schon hunderte oder tausende Jahre niemand gesehen und berührt hat», sagt Reisel.
Sie ist eine von Dutzenden Freiwilligen in der Schweiz, die mit einer Bewilligung nach altertümlichen Fundstücken suchen. So arbeiten die Archäologischen Dienste in fast allen Kantonen wie Zürich, Thurgau, Bern, Schaffhausen oder St. Gallen mit Ehrenamtlichen zusammen.
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Bild 1 von 4Legende: Fingerhüte, Hufeisen oder römische Münzen: Auf solche Funde stossen freiwillige Sucherinnen und Sucher im Kanton Zürich. SRF
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Bild 2 von 4Legende: Diese Gewehrkugeln stammen aus der Franzosenzeit. Gewehr-Kugeln aus der Franzosenzeit
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Bild 3 von 4Legende: Eine Freiwillige hat kürzlich einen eisenzeitlichen Gürtelhaken gefunden. «Ein Highlight», schwärmt Archäologe Patrick Nagy. SRF
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Bild 4 von 4Legende: Nagy ist seit 40 Jahren in der Kantonsarchäologie tätig und verantwortlich für die Suche nach unbekannten Fundstellen. SRF
Als «Glücksfall» bezeichnet Patrick Nagy von der Kantonsarchäologie Zürich die Freiwilligen: «Sie können uns bei der Suche nach Fundstellen sehr gut unterstützen.» Und sie seien «das Auge und Ohr in der Landschaft». Die Freiwilligen hätten den Überblick über das Gelände und könnten erfahren, wenn illegale Sucherinnen Löcher graben.
Raubgräber inspiriert von Indiana Jones
Gemäss Schätzungen der «Konferenz Schweizerischer Kantonsarchäologinnen und Kantonsarchäologen» sind schweizweit einige hundert illegale Sucher unterwegs. «Es gibt sehr viele und wir kennen nur die Spitze des Eisberges», sagt Nagy. Allein im Kanton Zürich seien mehrere Dutzend solche Personen auf Schatzsuche.
Wir kennen nur die Spitze des Eisberges.
Motiviert durch Geschichten wie Indiana Jones würden die Raubgräber ohne Bewilligung losziehen, geblendet vom grossen Coup: «Sie wollen einen römischen Schatzfund machen und erhoffen sich das grosse Geld oder ihre Vitrine mit Kostbarkeiten zu füllen», sagt Nagy.
Die wohl berühmteste Raubgrabung der Welt
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Bild 1 von 3Legende: Die Himmelsscheibe von Nebra gilt als einer der wertvollsten Funde der Menschheit. Die Bronzeplatte wurde 1999 von zwei Raubgräbern entdeckt. Sie beschädigten die Himmelscheibe mit dem Pickel. Keystone
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Bild 2 von 3Legende: Der Fundort liegt in Sachsen-Anhalt etwa vier Kilometer westlich der Stadt Nebra. Die Raubgräber verkauften ihren Fund weiter. 2002 konnte die Basler Polizei mit Beamten des Landeskriminalamtes die Himmelsscheibe sicherstellen. IMAGO / Steffen Schellhorn
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Bild 3 von 3Legende: Der Versicherungswert der Himmelsscheibe betrug 2006 rund 100 Millionen Euro. Das Objekt ist heute im Landemuseum für Vorgeschichte in Halle ausgestellt. Keystone
Das Problem: Die illegalen Sucherinnen und Sucher richten laut Nagy grossen Schaden an: «Sie machen riesige Löcher und zerstören den Befund, der für die Archäologie wichtig ist». Die Fundstücke würden sie dem Boden entreissen, zu Hause aufbewahren oder verkaufen. Doch in der Schweiz gilt gemäss Bundesgesetz: Alle archäologischen Fundstücke gehören den Kantonen. Sogenannte Raubgräber machen sich also strafbar.
Im Kanton Zürich schnappte die Polizei erst kürzlich einen 33-Jährigen, der illegal nach keltischen und römischen Schätzen suchte. Bei einer Hausdurchsuchung stiessen die Ermittler auf über 1000 archäologische Funde: Münzen, Gewandnadeln, Schnallen.
Traumfund: Dolch aus der Bronzezeit
Laut Nagy hat sich das Problem mit den illegalen Sucherinnen und Suchern gebessert, seit Ehrenamtliche wie Monika Reisel unterwegs sind. Im Gegensatz zu den Raubgräbern gibt sie ihre Funde zweimal pro Jahr bei der Kantonsarchäologie Zürich ab. Auch ihr bisher grösster Fund, ein Dolch aus der Bronzezeit, lagert deshalb nicht bei ihr Zuhause.
«Bei einigen Funden ist die Abgabe etwas frustrierend», gibt Monika Reisel bei der Suche im Dickicht zu. Doch die Fundstücke blieben dank Fotos in Erinnerung. Und schliesslich dominiere natürlich die Freude über eine Entdeckung: «Wenn man etwas von archäologischem Wert findet, das zu einem Wissensgewinn verhilft, macht es einfach Spass».