«Im ersten Wahlgang wird Albert Rösti gewählt, im zweiten eine SP-Politikerin aus Basel, Bern oder dem Aargau» – so lautete die Prognose von Politologe Claude Longchamp in der «Arena» am Freitagabend zur Doppelersatzwahl des Bundesrates.
Eine Frau wird aller Wahrscheinlichkeit nach auf die zurückgetretene Simonetta Sommaruga folgen, wenn die SP tatsächlich ein rein weibliches Zweierticket aufstellt, wie die Parteileitung zuletzt verlauten liess.
Dieser Vorschlag stiess bei den bürgerlichen Politikern, die in der «Arena» zu Gast waren, auf Unverständnis.
Kontroverse um geplantes SP-Frauenticket
SVP-Präsident Marco Chiesa verwarf den Entscheid als «ideologische Politik»: «Warum sollte ein Politiker mit Erfahrung und Kompetenz kein valabler Kandidat sein?» Er verwies dabei auf SP-Ständerat Daniel Jositsch. Der Zürcher hatte sich kritisch zum Frauen-Ticket seiner Partei geäussert.
«Dass die SP fähige Politiker wie Jositsch nicht aufstellt, ist unverständlich», so Chiesa. Die SVP werde aber die Entscheidung der SP respektieren und keine Sprengkandidaten wählen.
«Als Partei, die Gleichstellung hochhält, ist es für uns wichtig, dass ausschliesslich Frauen auf dem Ticket sind», erklärte SP-Nationalrätin Samira Marti. Es sei Tradition der SP und ihrer Glaubwürdigkeit geschuldet, dass mindestens eine SP-Politikerin im Bundesrat vertreten sei. Wer schliesslich aufgestellt wird, werde aber erst am 21. November entschieden. Marti selbst wird sich nicht aufstellen lassen. «Ich bin sehr glücklich mit meinem Amt als Nationalrätin und Vize-Fraktionschefin», sagte sie.
«Verpasste Chance» für die Grünen
Mit dem Rücktritt von Sommaruga hätten auch die Grünen erneut die Chance gehabt, einen Bundesratssitz für sich zu beanspruchen. Sie lehnten dies zum zweiten Mal ab. «Unsere Chance kommt 2023», ist Vize-Fraktionspräsidentin Lisa Mazzone überzeugt.
Dabei spekuliert die Genfer Ständerätin auf einen FDP-Sitz. Seit 2019 repräsentiere der Bundesrat nicht mehr die Mehrheit der Wählerinnen und Wähler, die FDP sei übervertreten. «Das führt letztlich dazu, dass die bürgerlichen Kräfte im Bundesrat den Klimaschutz bremsen oder ihn sogar torpedieren.»
Der linke Wähleranteil ist mit zwei Bundesratssitzen angemessen vertreten.
«Wir halten uns an die Zauberformel, ob zu unseren Gunsten oder nicht», widersprach FDP-Vizepräsident Andrea Caroni. Das Vorgehen der Grünen sei widersprüchlich und entspräche nicht der Konkordanz: «Die SP hat fast gleich viele Wählerprozente wie die FDP, aber aus inhaltlichen Gründen wird sie nicht angegriffen.» Der linke Wähleranteil sei mit zwei Bundesratssitzen angemessen vertreten.
GLP-Vizepräsidentin Melanie Mettler bedauerte die verpasste Chance der Grünen, ihren Regierungsanspruch geltend zu machen: «Es wäre ein guter Moment gewesen, Bewegung in das Bundesratsgremium zu bringen, das in wichtigen Dossiers im Stillstand ist.»
Möglicher Wechsel bei den Departementen
Neuer Schwung in die Regierung könnte auch durch eine Rochade bei der Verteilung der Departemente kommen. In der «Arena» wurde gewerweisst, wem welche Zuständigkeitsbereiche zufallen könnten.
Dabei betonte Mitte-Nationalrätin Marianne Binder auch das Kollegialitätsprinzip: «Die sieben Bundesräte arbeiten gemeinsam zum Wohl des Landes - das ist gleichzeitig auch die Herausforderung.»
Ich wünsche mir, dass sich der Bundesrat bei diesen Wahlen verjüngt.
Umweltministerin Sommaruga wurde zuletzt stark kritisiert von der SVP. Auf die Frage, ob die SVP nun auch bereit sei, das Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) zu übernehmen, antwortete Chiesa: «Wir wollen es besser machen und wären bereit, die Verantwortung zu übernehmen.»
Wie es auch kommt, Politologe Longchamp hofft, dass der Auftritt des Bundesrats in Zukunft nach aussen geeinter aussieht und dass sich die Zusammenarbeit im Innern verbessert. Eines wünscht er sich aber ganz besonders: «Dass sich der Bundesrat bei diesen Wahlen verjüngt.» Der jüngste Bundesrat ist derzeit Alain Berset mit 51 Jahren. Wie das Parlament tatsächlich entscheiden wird, wird sich am 7. Dezember zeigen.