Die Bürgerlichen haben sich bei der Departementsverteilung im Bundesrat durchgesetzt: Der neu gewählte SVP-Bundesrat Albert Rösti hat sich das Bundesamt für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (UVEK) geangelt, die neue SP-Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider übernimmt das weniger begehrte Justiz- und Polizeidepartement (EJPD) von Karin Keller-Sutter, die FDP-Bundesrätin kümmert sich ihrerseits neu um die Finanzen (EFD).
SP-Fraktionspräsident Roger Nordmann äusserte in der «Arena» seinen Unmut darüber, dass die SP weder dem UVEK noch dem EFD vorstehe – denn mit der nunmehr rechtsbürgerlichen Agenda würde vor allem gespart. Das bereite ihm Sorgen, da die Menschen gerade jetzt Unterstützung bräuchten angesichts der Inflation, der steigenden Krankenkassenprämien und Energiekosten. «Eine soziale Kälte kommt», so Nordmann.
Das Ziel sei nicht zu sparen, sondern den Bundeshaushalt auszugleichen, erwiderte darauf FDP-Fraktionschef Damien Cottier. Auf die designierte Finanzministerin Keller-Sutter komme hierbei eine grosse Herausforderung zu.
Wie wird die Energiestrategie unter Rösti aussehen?
Auch beim UVEK stehen wichtige Entscheide an; mit der drohenden Stromangellage steht insbesondere die Energiestrategie im Fokus. Die SVP hatte letztere unter SP-Bundesrätin Simonetta Sommaruga heftig kritisiert. Nun muss Albert Rösti beweisen, dass er der Strom-General ist, den die SVP sich gewünscht hat. Ökologisch orientierte Parteien aber stehen dem Mandat wegen seiner Affiliation zur Öl-, Auto- und Atomlobby kritisch gegenüber.
Rösti habe bisher die Klima- und Biodiversitätspolitik kaum unterstützt, sagte Grüne-Fraktionspräsidentin Aline Trede. Als Bundesrat müsse er nun seine persönlichen und parteilichen Interessen ablegen. So steht Rösti etwa vor dem Dilemma, dass er als Mitglied des SVP-Referendumskomitees bisher den Gegenvorschlag zur Gletscherinitiative bekämpft hat, diesen nun aber als Teil des Bundesrates unterstützen muss.
«Rösti wird den Mehrheitsentscheid des Gremiums vertreten», stellte SVP-Fraktionspräsident Thomas Aeschi klar. Aber er werde wohl andere politische Prioritäten setzen als seine Vorgängerin. Bundesrätin Sommaruga sei es nicht gelungen, eine funktionierende Energiestrategie aufzustellen. «Es ist nun die Aufgabe von Rösti sicherzustellen, dass wir im Winter genügend Energie haben.» Aeschi schliesst dabei nicht aus, dass Rösti auch den weiteren Einsatz von Kernkraftwerken prüfen wird.
«Wir werden weiterhin einen klaren, vernünftigen Weg gehen», ist Mitte-Fraktionspräsident Philipp Matthias Bregy überzeugt. Er wünsche sich von Rösti aber mehr «Ecken und Kanten gegen beschwerdeeinlegende Umweltverbände» und dafür weniger runde Tische, so Bregy. «Dann kann der Ausbau der erneuerbaren Energien gelingen.»
Fortschritte bei den Beziehungen zur EU
Eine weitere Herausforderung für den Bundesrat, vor allem für das Aussendepartement, werden die Beziehungen mit der EU sein. Ignazio Cassis ist hier weiterhin in der Verantwortung. Alain Berset, dem Wechselabsichten nachgesagt wurden, hütet auch künftig das Innendepartement.
Es braucht mehr Dynamik und Reformwille im Bundesrat.
Cassis habe in den letzten Monaten klar Fortschritte in diesem Dossier gemacht, so habe er etwa wichtige Kontakte mit Staats- und Regierungschefs der Nachbarländer knüpfen können, so Cottier. «Ein Wechsel wäre zu diesem Zeitpunkt ungünstig gewesen, man muss diese Chance nutzen.»
«Wir haben einen Reformstau», widersprach hingegen GLP-Fraktionspräsidentin Tiana Moser. Es brauche mehr Dynamik und Reformwille im Bundesrat. «Ein Wechsel hätte den Bundesrat aus der Blockade geholt.» Während die Landesregierung stehen bleibt, litten die Forschung und der Innovationsstandort Schweiz. Die GLP will deshalb auch einen Beitritt zum EWR prüfen.
Vorerst wird den neuen Departementsvorsteherinnen und -vorstehern aber die übliche 100-Tage-Frist zugestanden, um sich in ihre Dossiers einzuarbeiten. Welchen Weg sie dann einschlagen, wird sich im neuen Jahr zeigen.