Fast genau ein Jahr nachdem das CO2-Gesetz in der Volksabstimmung versenkt wurde, hat sich der Nationalrat am Mittwoch deutlich für den indirekten Gegenvorschlag zur Gletscherinitiative ausgesprochen.
«Ich bin überzeugt, dass der indirekte Gegenvorschlag etwas ist, das uns voranbringt», betonte in der «Arena» am Freitagabend Marcel Hänggi, Mitinitiant der sogenannten Gletscherinitiative. Hänggi, der sich selbst als «Vater» der Gletscherinitiative bezeichnet, verdeutlichte: «Wenn es dabei bleibt und der Ständerat nichts abschwächt, werde ich mich dafür einsetzen, dass die Gletscherinitiative zurückgezogen wird.» Zwar sei der Vorschlag immer noch zu wenig; aber gemessen an dem, was gerade realpolitisch möglich sei, biete er eine gute Lösung.
Der indirekte Gegenvorschlag verfolgt die Klimaneutralität der Schweiz bis 2050. Er übernimmt damit das Kernanliegen der Volksinitiative. Im Gegensatz zur sogenannten Gletscherinitiative verzichtet der Gegenvorschlag auf das Verbot fossiler Brenn- und Treibstoffe.
Er enthält stattdessen konkrete Massnahmen: So sind etwa 2 Milliarden Franken für den Ersatz fossiler Heizungen vorgesehen, weitere 1.2 Milliarden zur Förderung neuer Technologien in der Industrie. Ausserdem enthält der Gegenvorschlag konkrete Richtwerte in den Bereichen Gebäude, Verkehr und Industrie.
Um die vorgeschriebenen Ziele zu erreichen, braucht es massiv mehr Strom.
Im Nationalrat fand der indirekte Gegenvorschlag eine breite Unterstützung. Einzig die SVP-Fraktion war dagegen. Es sei unklar, woher das Geld für die Fördermassnahmen kommen solle, sagte SVP-Nationalrat Michael Graber in der Sendung. Auch sei eine Umsetzung gar nicht möglich. «Um die vorgeschriebenen Ziele zu erreichen, braucht es massiv mehr Strom.» Zudem finde der Klimawandel global statt. Es sei deshalb naiv, Vorschriften aufzustellen, die die hiesige Bevölkerung viel kosteten, das Klima dann aber doch nicht retten könnten.
Unterstützungsleistung oder Verbot?
SP-Nationalrat Jon Pult widersprach dieser Ansicht. Der Gegenvorschlag könne das Klimaproblem zwar nicht lösen, aber es sei ein erster Schritt. Einerseits sei der Vorschlag schnell umsetzbar. Er tritt sofort in Kraft, sofern kein Referendum ergriffen wird. Andererseits stecke dahinter die richtige Logik: «Klimapolitik ohne Verteuerung, aber mit Investitionen, um unsere Gesellschaft zu unterstützen.» Dies ermögliche, dass sich alle Bürgerinnen und Bürger den Umstieg von der Ölheizung zu einer Wärmepumpe leisten könnten. Hausbesitzerinnen wie Mieter würden profitieren.
Heute werden 15'000 Heizungen pro Jahr ersetzt, um Netto-Null zu erreichen, muss diese Zahl verdoppelt werden.
Solchen «Staatseingriffen» steht Ueli Bamert, Geschäftsführer von Swissoil, «skeptisch gegenüber», wie er in der Sendung sagte. Die Politik mache bereits sehr viel, der Anteil an Ölheizungen sinke rapide. Er stehe dafür ein, dass Hausbesitzerinnen und -besitzer selber entscheiden könnten. Ausserdem gebe es viele Häuser, die sich gar nicht eigneten für die Installation einer Wärmepumpe. Bei alten Häusern etwa, die schlecht isoliert sind, könne der Einbau einer Wärmepumpe hohe Kosten verursachen. Der indirekte Gegenvorschlag sei nicht zielführend und laufe auf ein Verbot hinaus.
FDP-Nationalrätin Susanne Vincenz-Stauffacher ihrerseits betonte, als Freisinnige sei sie auch gegen ein Verbot, wie es etwa die Initiative verlangt hätte. «Aber das ist keine Absage an eine spezifische, punktuelle Förderung.» Es gebe noch etwa 900'000 fossil betriebene Heizungen. Beim jetzigen Gebäudeprogramm in den Kantonen würden 15'000 Heizungen pro Jahr ersetzt. Aber um 2050 das Netto-Null-Ziel zu erreichen, müsse diese Zahl verdoppelt werden. Der Gegenvorschlag sehe deshalb richtigerweise ein Förderprogramm zur Verstärkung und Beschleunigung des bereits bestehenden Programms vor.
Als Nächstes berät nun der Ständerat über den indirekten Gegenvorschlag. «Ich bin optimistisch, dass es gut kommt», sagte Marcel Hänggi. Wenn nicht, seien er und sein Team parat für einen etwaigen Abstimmungskampf.