Seit Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine stellt sich auch die Frage, wie die Schweiz sich in diesem Krieg verhalten soll. Die viel zitierte Schweizer Neutralität wird von den Parteien gerade ganz unterschiedlich definiert.
«Es ist wichtig, dass wir nicht Mythen zelebrieren», sagte GLP-Fraktionspräsidentin Tiana Angelina Moser dazu in der «Arena» am Freitagabend. Die Schweiz sei nicht unabhängig, weder wirtschaftlich noch sicherheitspolitisch. Die Sicherheit des Landes könne nur gewährleistet werden durch die Zusammenarbeit mit anderen Ländern. Die Neutralitätspolitik müsse dabei immer den aktuellen Umständen angepasst werden.
«Demokratien müssen ihre Werte gemeinsam hochhalten und verteidigen», sagte auch FDP-Fraktionspräsident Damien Cottier. Das sei auch mit der «kooperativen Neutralität» gemeint, wie sie Bundesrat Ignazio Cassis definiert hat. Es gehe um eine Kooperation mit den Nachbarländern. Neutralität sei kein Ziel, sondern ein Mittel, um die Sicherheit der Schweiz zu verteidigen. So fasst die FDP auch eine engere Zusammenarbeit an die Nato ins Auge.
SP will Kampfjet-Initiative im Sommer einreichen
Geht es nach der SVP, sind Sanktionen nicht vereinbar mit ihrer Auslegung der Neutralität. Alt-Bundesrat Christoph Blocher will darum mit der sogenannten Neutralitätsinitiative die immerwährende, umfassende und bewaffnete Neutralität in der Bundesverfassung verankern. Das bedeute, die Schweiz soll nicht von Fall zu Fall entscheiden, sondern grundsätzlich keine Partei ergreifen, sich selbst verteidigen können und weder militärische noch wirtschaftskriegerische Massnahmen übernehmen, erklärte SVP-Fraktionspräsident Thomas Aeschi.
Die rein neutrale Position gebe es nicht, sagte dazu SP-Nationalrätin Priska Seiler Graf. Die Schweiz verteidige das Völkerrecht und stehe für eine regelbasierte und multilaterale Ordnung ein. Seiler Graf spricht von einer «engagierten Neutralitätspolitik», die zu diesem Zweck immer wieder neu definiert werden müsse.
Die erklärte Vision der SP, eine Schweiz ohne Armee zu schaffen, sei angesichts dieses Kriegs obsolet. «Wir möchten eine Welt, in der keine Armeen mehr nötig sind, aber diese Welt sieht anders aus.» Bei der Beschaffung der neuen Kampfjets des Typ F-35 will die SP immerhin mitreden können. Im Sommer noch soll die Initiative dagegen eingereicht werden.
Für Mitte-Fraktionspräsident Philipp Matthias Bregy ist das unverständlich: «Der F-35 ist das einzige Flugzeug, das alle Kriterien erfüllt und ist schlicht und einfach das beste.» Man müsse nun vorwärtsmachen, denn Ende März 2023 liefen die Offerten aus und die Schweiz drohe in der Produktionsreihe hinter all die anderen Länder zurückzufallen, die in der Zwischenzeit den Flieger bestellt hätten. «Das ist gefährlich für die Sicherheitslage in der Schweiz», sagte Bregy.
In der Vergangenheit wurde die Neutralitätspolitik immer wieder neu verhandelt. So zeigte sie sich auch in der «Arena» in ganz unterschiedlichen Gewändern.