Ein konventioneller Krieg zwischen zwei Staaten in Europa ist seit genau zwei Jahren wieder Realität. Die Sicherheitspolitikerinnen und -politiker in der «Arena» sind sich einig: Die neue Bedrohungslage stellt die Schweizer Armee vor Herausforderungen. An der Frage, wo für wie viel Geld nach- bzw. aufgerüstet werden soll, scheiden sich jedoch die Geister.
In den letzten drei Wochen sorgte das Verteidigungsdepartement von Bundespräsidentin Viola Amherd für reichlich Schlagzeilen. Im Zentrum der Aufmerksamkeit: die Finanzsituation der Armee. Zuerst sprach Armee-Chef Thomas Süssli von Liquiditätsengpässen, daraufhin dementierte VBS-Vorsteherin Viola Amherd die Finanzprobleme und bekam Rückendeckung von Parlamentskommissionen. In der «Arena» vom Freitagabend taxiert SVP-Ständerat Werner Salzmann die Vorkommnisse als «Kommunikationsproblem im VBS». SP-Nationalrätin Priska Seiler-Graf stellt sich indessen die Frage, wie sinnvoll es ist, eine solch grosse Bugwelle an Verpflichtungskrediten vor sich herzuschieben.
Viola Amherd hat ihren Laden im Griff.
Mitte-Ständerätin Andrea Gmür-Schönenberger verteidigt ihre Bundesrätin: «Viola Amherd hat ihren Laden im Griff». Ausserdem sieht sie die Medien in der Verantwortung, welche diese Angelegenheit skandalisiert hätten. Ratskollege Josef Dittli von der FDP gibt Gmür-Schönenberger teilweise recht und spricht von einem «Sturm im Wasserglas».
Auch wenn die Fragen rund um die Armeefinanzen geklärt sind, bleiben Unklarheiten ob der Frage, inwieweit die Armee gerüstet ist. «Der Armee-Chef hat Klartext gesprochen und gezeigt, dass die Armee Fähigkeitslücken aufweist», bilanziert Salzmann. Der Berner SVP-Politiker sieht vor allem auch bei den Bodentruppen Handlungsbedarf. Denn die Schweiz müsse sich auf den Worst Case vorbereiten: ein Bodenangriff. Zudem sei eine Analyse sämtlicher Bedrohungsmöglichkeiten notwendig, damit die Schweizer Armee die erforderlichen Fähigkeiten aufbauen könne.
Josef Dittli betont, dass es den Verfassungsauftrag, die Sicherheit der Schweiz zu wahren, in allen Bereichen zu verfolgen gilt. Dass die Schweiz in die Armee investiere und verteidigungsfähig sei, erwarte auch die Nato, ruft der FDP-Politiker in Erinnerung. «Um in einem möglichen Ernstfall mit der Nato kooperieren zu können, muss die Schweiz schon jetzt Vorbereitungen treffen, ohne die Neutralität zu verletzen», so Dittli. Mitte-Politikerin Gmür-Schönenberger pflichtet bei: «Wir müssen aufpassen, dass wir nicht als Trittbrettfahrer wahrgenommen werden».
Wir müssen aufpassen, dass wir nicht als Trittbrettfahrer wahrgenommen werden.
Ein zentraler Punkt stelle dabei die sogenannte Interoperabilität dar – die Fähigkeit also, mit den Waffensystemen und Truppen der Nato zu operieren. In diesem Bereich habe die Schweiz bereits Bestrebungen unternommen, so die Luzernerin.
Wie viel darf die Armee kosten?
Finanzministerin Karin Keller-Sutter ist auf Sparkurs. Auch wenn die Armee von Querschnittskürzungen verschont bleibt, bekommt sie dies zu spüren. Das Armeebudget wird nicht bis 2030, sondern erst bis 2035 auf ein Prozent des Bruttoinlandprodukts erhöht. Gmür-Schönenberger bezeichnet diesen Schritt rückblickend als Fehler.
Über die Frage, ob das Parlament seinen Entscheid korrigiert und die Erhöhung vor 2035 realisieren wird, herrscht Einigkeit. Sämtliche Gäste in der «Arena» stufen einen solchen Beschluss als wahrscheinlich ein. Seiler Graf fügt ihrer Antwort ein «leider» hinzu. «Schon jetzt gibt die Schweiz für die Armee pro Kopf mehr aus als Deutschland», so die Präsidentin der Sicherheitspolitischen Kommission des Nationalrats. Weiter stelle die zusätzliche Finanzierung ein grosses Fragezeichen für sie dar.
Wir führen wieder eine Wehranleihe ein.
Werner Salzmann liefert eine Idee, wie das Finanzierungsproblem gelöst werden könnte: «Wir führen wieder eine Wehranleihe ein, wie dies bereits einmal im Jahr 1936 der Fall war.» Konkret handle es sich um Wertpapiere, welche die Bevölkerung oder auch die Industrie kaufen könne. Josef Dittli und Andrea Gmür-Schönenberger zeigen sich offen, diese Idee zu diskutieren.