Eine dunkel gekleidete Frau stellt eine Vase mit Rosen neben eine kleine Metallplatte auf einem Friedhof in Bern. Die Platte mit dem Namen ihres verstorbenen Gatten ist eine von ganz vielen.
Die Asche der Verstorbenen liegt hingegen etwas weiter weg begraben. Darüber erstreckt sich eine Rasenfläche der Gemeinschaftsgräber. Ihr Mann habe gewünscht, so bestattet zu werden, erzählt die Frau. Damit sie wisse, wo seine Urne liege, habe sie den Platz damals abgemessen. «15 Schritte nach vorn und vier von der Seite.»
Jeder Zweite will ins Gemeinschaftsgrab
Gemeinschaftsgräber seien sehr beliebt, sagt Walter Glauser. Er ist zuständig für die Friedhöfe der Stadt Bern. «Rund 50 Prozent der Personen, die sich haben kremieren lassen, kommen in das Gemeinschaftsgrab.»
Auch in Luzern werde die Hälfte der Kremierten in einem Gemeinschaftsgrab beigesetzt, sagt der Luzerner Bestatter Rolf Arnold. Er ist auch Sprecher des Schweizerischen Verbandes der Bestattungsdienste. «Gemeinschaftsgräber gibt es vielerorts seit Anfang der 1980er Jahren. Und die Beliebtheit hat seither stetig zugenommen.»
In der Schweiz werden inzwischen bis zu 90 Prozent der Menschen kremiert. Warum aber wählen Menschen Gemeinschaftsgräber? Laut Bernd Berger von der evangelisch-reformierten Kirche Bern-Jura-Solothurn gibt es dafür mehrere Gründe.
So würden Familienmitglieder oft nicht mehr im selben Dorf wohnen, seien also weit weg vom Friedhof und könnten das Grab nur ganz selten besuchen. Andererseits hätten viele Menschen Sympathien für diese Form der letzten Ruhe. «Es ist oft der Wunsch älterer Menschen selbst, dass sie später in einem Gemeinschaftsgrab bestattet werden, als Ausdruck der Bescheidenheit.»
Viele möchten auch ihre Hinterbliebenen nicht mit den Kosten für die Grabpflege belasten. So kostet zum Beispiel in der Stadt Bern ein Einzelgrab für Urnen für eine Dauer von 20 Jahren mit Bepflanzung etwa 8000 Franken.
Individuelle Lösung auf Berner Friedhof
Zurück zu der Frau auf dem Berner Friedhof: Sie weiss, dass sie die Vase mit Rosen eigentlich nicht neben die Platte mit dem Namen ihres Mannes stellen dürfte. Sie darf sie auch nicht auf die Rasenfläche legen, wo ihr Gatte ruht. Das ist bei den Gemeinschaftsgräbern nicht erlaubt. Schlimm sei das gewesen, erzählt die Witwe: «Das hat mich immer wieder gequält, dass ich nicht direkt auf die Stelle eine Blume legen durfte.»
Anderen Angehörigen ginge es gleich, sagt der Verantwortliche, Walter Glauser. Darum habe man in Bern sogenannte individuelle Gemeinschaftsgräber kreiert. Sie liegen auf einer gemeinsamen Anlage mit Blumen, Sträuchern oder Bäumen. Über der Urne liegt aber eine quadratische Platte. Darauf kann man persönliche Gegenstände oder Blumen stellen.
Dahinter ist ein Metallschild mit dem Namen des Verstorbenen. Diese Variante kostet 2900 Franken. Das ist teurer als der Platz in einem gewöhnlichen Gemeinschaftsgrab, aber deutlich günstiger als ein Einzelgrab.
Der Ort, wo der geliebte Mensch bestattet ist, könne sehr wichtig sein, sagt Pfarrer Berger. Es gebe Hinterbliebene, die sich so einen Ort wünschten. «Ich habe den Menschen immer geraten, redet mit euren Angehörigen darüber.»
Der Mann der Witwe auf dem Berner Friedhof hatte sich das Gemeinschaftsgrab gewünscht. Sie hätte nicht gedacht, dass ihr ein individuelles Grab für ihren Mann so stark fehlen würde, sagt sie. Heute würde sie anders entscheiden.