- Nur 15 Prozent der Asylsuchenden haben nach drei Jahren in der Schweiz eine Stelle.
- Nun sagen Forscher der ETH, diese Quote liesse sich kostengünstig massiv steigern.
- Ein intelligenter «Asyl-Algorithmus» könnte das heute zufällige Verteilsystem ersetzen.
- Damit sollen dutzende Millionen gespart werden.
Asylsuchende dürfen in der Schweiz bereits drei Monate nach ihrer Ankunft in den hiesigen Arbeitsmarkt einsteigen. Doch die Berufsintegration der Asylsuchenden harzt: Heute haben im dritten Jahr nach der Ankunft im Schnitt nur 15 Prozent der Asylsuchenden einen Job.
Einen Grund dafür ortet Stefan Gribi, Pressesprecher von Caritas Schweiz, im heutigen Verteilschlüssel. Der Bund verteilt die neu ankommenden Asylsuchenden nach dem Zufallsprinzip auf die Kantone. Gribi kritisiert das scharf: «Die Praxis nimmt viel zu wenig Rücksicht auf das, was die Leute an Hintergrund und Kompetenzen mitbringen.» So würden zum Beispiel viele Asylsuchende, die perfekt Französisch sprechen, in der Deutschschweiz landen.
Algorithmus errechnet optimale Verteilung
Doch nun sollen Computer-Programme die Arbeits-Integration revolutionieren: Forscher der ETH Zürich haben gemeinsam mit der amerikanischen Stanford-Universität errechnet: Mit dem neu entwickelten Zuteil-Algorithmus liesse sich die Zahl der Arbeitenden stark erhöhen – und zwar auf 26 Prozent, was einer Steigerung von 73 Prozent entspricht. Die Resultate werden heute Donnerstag im renommierten Wissenschaftsmagazin «Science» veröffentlicht.
Und so funktioniert der Algorithmus: Das Programm analysiert die Daten sämtlicher Asylsuchenden, die von 1999 bis 2012 in die Schweiz eingereist sind und vorläufig aufgenommen wurden (es handelt sich um über 22'000 Personen und Erwerbsdaten).
Der Algorithmus lernt daraus, wer wo die besten Erwerbschancen hat. Dabei berücksichtigt das Programm zahlreiche Faktoren, wie zum Beispiel Sprachkenntnisse, Herkunft oder Alter der Asylsuchenden. Dominik Hangartner, Professor für Politikanalyse an der ETH Zürich und auf Schweizer Seite federführend: «Das Ziel ist, dass alle Asylsuchenden und Flüchtlinge genau dem Kanton zugeteilt werden, in dem sie am schnellsten einen Job finden.»
Einsparungen von dutzenden Millionen
Der «Asyl-Algorithmus» könnte sich auch finanziell lohnen: Die Forscher gehen von Einsparungen in der Höhe von dutzenden Millionen Franken aus. Doch: Besteht dabei nicht die Gefahr einer Ghettoisierung? Der Algorithmus könne auch so eingestellt werden, dass die Herkunftsländer gleichmässig über die Kantone verteilt werden, sagt ETH-Forscher Hangartner zu «10vor10». «Dann steigt die Erwerbsquote immerhin noch um 51 Prozent.»
Das Staatssekretariat für Migration SEM will die Idee vertieft prüfen: «Wir werden die Vorschläge der ETH für eine optimierte Integration mit Interesse prüfen und stehen mit den Verantwortlichen in Kontakt.» Den Verteilschlüssel selbst legen indes die Kantone fest, wie der Präsident der Sozialdirektorenkonferenz, der St. Galler Regierungsrat Martin Klöti (FDP), sagt.