- Noch bevor die zuständige Behörde kommende Woche das Rahmenbewilligungsgesuch für ein geologisches Atom-Endlager einreichen wird, macht sich Widerstand breit.
- Ein Komitee fordert, dass nach dem Parlament auch das nationale Stimmvolk über das Projekt entscheiden kann.
«Ein Entscheid von einer Million Jahren Tragweite gehört vors Volk»: Mit diesem Slogan hat in Bern eine Gruppe die nationale Diskussion über ein atomares Endlager neu lanciert. Zu einem derart komplexen Geschäft müsse die Schweizer Stimmbevölkerung das letzte Wort haben, hält das Komitee fest.
«Wir stimmen über Kuhhörner ab. Dann erst recht über eine hochgiftige, hoch radioaktive Atommülldeponie mitten in der Agglomeration Zürich, unter der Anflugschneise des Flughafens Kloten, in nächster Nähe zum Rhein und zur Landesgrenze», argumentieren die Gegnerinnen des Vorhabens. Ein Parlamentsbeschluss alleine reiche nicht aus.
Im Komitee vertreten sind Organisationen, die sich nach eigenen Angaben «wissenschaftlich und politisch mit dem Endlager auseinandersetzen». Zu den Kritikerinnen gehören unter anderem die Ende Monat zurücktretende Schaffhauser SP-Nationalrätin Martina Munz sowie die Zürcher alt GLP-Kantonsrätin Karin Joss.
Kein Plan B vorhanden
Sie wehren sich grundsätzlich gegen das Projekt der Nationalen Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle (Nagra) und deren «einseitige Kommunikation». Die Nagra als Projektverantwortliche definiere die Abbruchkriterien selbst, es existiere kein Plan B, und es fehlten Ausstiegsmöglichkeiten. «Es braucht Alternativen für den Fall, dass das Projekt abgebrochen werden muss.»
Aus Sicht der Gegnerinnen und Gegner ist eine Deponie für radioaktive Abfälle eine Gefahr für nachkommende Generationen, für Menschen und die Umwelt. Zudem sei die vom Gesetz geforderte leichte Rückholbarkeit nicht gegeben. Der Nachweis, dass man den Atommüll über Jahrtausende im Ereignisfall wieder an die Oberfläche bringen kann, sei im weichen Tongestein mit Hunderten von Kleinsttunnels nicht zu erbringen.
«Mit diesem Atommülllager lösen wir keine Probleme für künftige Generationen, im Gegenteil: Wir schaffen sie», hält das Komitee fest. Es gelte, die Atom-Abfälle zu schützen und weiterzuforschen, statt viele Milliarden Franken in eine Deponie zu stecken, «die irgendwann undicht und zum Mega-Sanierungsfall wird».
30'000 Seiten an Berichten
Die Nagra wird nächsten Dienstag beim Bundesamt für Energie (BFE) die Rahmenbewilligungsgesuche für das geologische Tiefenlager für radioaktive Abfälle und die Brennelementverpackungsanlage einreichen. Insgesamt legt sie dem Bund 13 Gesuchsunterlagen vor, die auf gut 200 wissenschaftlichen Berichten basieren.
Bis Frühling 2025 überprüfen die zuständigen Stellen des Bundes, ob alle gesetzlich geforderten Unterlagen eingereicht wurden. Erst wenn diese vollständig sind, werden die Rahmenbewilligungsgesuche veröffentlicht. Ab diesem Zeitpunkt beginnt die eingehende inhaltliche Prüfung der Gesuche durch die Behörden.
Gleichzeitig soll die Planung in Stadel vorangehen. Noch in diesem Jahr sollen die Verhandlungen über Abgeltungen für die betroffenen Gemeinden beginnen. Daran teilnehmen werden neben Gemeinden, Bund und Kantonen auch die Kernkraftwerkbetreiber, die für den grössten Teil der Abgeltungen aufkommen müssen. Wie viele Millionen Franken insgesamt an die Gemeinden in den Kantonen Zürich, Aargau, Schaffhausen sowie Deutschland fliessen, ist jedoch noch unklar.