Atomausstiegs-Initiative
Eidg. Vorlage: Volksinitiative «Ja zum geordneten Ausstieg aus der Atomenergie»
-
JA
1'098'464 Stimmen
-
NEIN
1'301'520 Stimmen
Standesstimmen
- JA
- NEIN
Mit überraschend deutlicher Mehrheit haben die Schweizer Stimmbürger gegen einen schnellen Ausstieg aus der Atomkraft gestimmt. Gemäss Schlussresultat legten 54,2 Prozent ein Nein in die Urne – lediglich 45,8 Prozent sagten Ja. Damit bleibt offen, wann das letzte Schweizer AKW vom Netz geht.
Die Deutlichkeit ist deshalb überraschend, weil der Initiative eigentlich gute Chancen eingeräumt worden waren. Sie war in Umfragen auf hohe Zustimmung gestossen. Rund 45 Prozent der Schweizer Stimmbürger hatten sich an der Abstimmung beteiligt.
Deutschschweiz hat entschieden
Insgesamt lehnten rund 1'301'500 Personen die Initiative ab, 1'098'500 Personen legten ein Ja in die Urne. Claude Longchamp vom Forschungsinstitut gfs.bern sagt, der Entscheid sei in der Deutschschweiz gefällt worden. Denn aus der Romandie und dem Tessin gab es mehr Zustimmung zur Vorlage.
«Das war zu erwarten», sagt SRF-Westschweiz-Korrespondent Sascha Buchbinder. Schon 2003 habe man ennet des Röstigrabens erfolglos für die Initiative «Atom ohne Strom» gestimmt: «Hier spielt aber nicht ein kultureller Einfluss, sondern ein pragmatischer: In der Romandie gibt es keine Arbeitsplätze, die mit der Atomkraft verbunden sind.» Die Bedeutung der Wasserkraft sei viel grösser, schliesst Buchbinder: «Es gibt eine fast schon emotionale Bindung zu den Staumauern in den Bergen.»
In den meisten Deutschschweizer Kantonen war diese dagegen chancenlos. Nur die Kantone Basel-Stadt und Basel-Landschaft sagten Ja, Basel-Stadt deutlich mit 60,5 Prozent, Basel-Landschaft knapp mit 50,4 Prozent. Am deutlichsten Nein sagte der Kanton Schwyz mit 68 Prozent, gefolgt von Appenzell Innerrhoden mit 66 Prozent und Nidwalden mit 65 Prozent.
In den Umfragen war das Volksbegehren, das die Grünen nach der Atomkatastrophe von Fukushima lanciert hatten, auf viel Sympathie gestossen. Erwartet wurde daher ein knappes Resultat. Doch bereits um 12.30 Uhr stand fest, dass ein Nein resultieren würde.
Hohe Schadenersatzforderungen erwartet
Bei einem Ja hätten die AKW Beznau I und II sowie Mühleberg 2017 abgeschaltet werden müssen, Gösgen 2024 und Leibstadt 2029. Nun bleiben die Atomkraftwerke solange am Netz, wie die Aufsichtsbehörde sie als sicher einstuft – sofern die Betreiber sie nicht aus wirtschaftlichen Gründen abschalten.
Durchgesetzt haben sich damit die bürgerlichen Parteien und Wirtschaftsverbände, die vor Versorgungslücken, Dreckstromimporten und hohen Kosten warnten.
Vor allem die Diskussion über die Kosten dürfte den Ausgang der Abstimmung beeinflusst haben. Die AKW-Betreiber wollten Ansprüche geltend machen für nicht amortisierte Investitionen, die sie auf Basis des geltenden Rechts mit unbefristeter Betriebsbewilligung getätigt haben. Der Bundesrat rechnete mit Schadenersatzklagen in dreistelliger Millionenhöhe pro AKW.
Jetzt geht's um die Energiestrategie 2050
Die Betreiber drohten im Abstimmungskampf jedoch mit höheren Summen, Axpo etwa mit Forderungen von über 4 Milliarden Franken für die AKW Beznau und Leibstadt. Die Initianten gaben vergeblich zu bedenken, dass die Produktion von Atomstrom ein Verlustgeschäft sei und die Betreiber damit nicht behaupten könnten, ihnen würden Gewinne entgehen.
Nach dem Nein zur Atomausstiegsinitiative steht nun die Energiestrategie 2050 im Fokus, über die sich das Stimmvolk voraussichtlich auch noch äussern wird. Die SVP hat das Referendum gegen das erste Massnahmenpaket ergriffen. Wie sich die Wirtschaftsverbände und die FDP positionieren werden, ist offen.