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Auch kein Erfolg in Luzern Warum das Grundeinkommen in der Schweiz so chancenlos ist

Die Stadtluzerner Stimmbevölkerung hat am Wochenende die Grundeinkommen-Initiative mit knapp 70 Prozent abgelehnt. Auch in der Stadt Zürich scheiterte letztes Jahr dasselbe Anliegen, national ist es ebenfalls immer wieder erfolglos. Warum wollen die Schweizer kein «Gratisgeld»?

Es war das Bild der Bilder im Oktober 2013: Ein Lastwagen kippt eine Ladung von acht Millionen Fünfräpplern im Wert von 400'000 Schweizer Franken auf den Bundesplatz. Gleichzeitig mit der Aktion reichten Initianten der «Bedingungsloses Grundeinkommen»-Initiative die erforderlichen 100'000 Unterschriften bei der Bundeskanzlei ein. Genauso spektakulär scheiterte dann die Initiative ein Jahr später an der Urne, 77 Prozent der Schweizer Stimmbevölkerung lehnten sie ab.

Lastwagen mit 5-Franken-Stücke
Legende: Ein Lastwagen kippt im Oktober 2013 eine Ladung von acht Millionen Fünfrappenstücken im Wert von 400'000 Schweizer Franken und mit einem Gewicht von 15 Tonnen auf den Bundesplatz. KEYSTONE/Peter Klaunzer

Gleiches passierte dieses Wochenende in Luzern, nur weniger spektakulär. Die Initianten wollten in der Leuchtenstadt in einem wissenschaftlich begleiteten Pilotprojekt das Modell des bedingungslosen Grundeinkommens lokal auf seine Brauchbarkeit testen. Während mindestens 36 Monaten hätte eine Gruppe Menschen ohne Gegenleistung ein monatliches Grundeinkommen erhalten, unabhängig von ihrem Vermögen, Einkommen und Berufsstatus.

Fundamentale Abkehr vom jetzigen Verständnis

Doch warum stehen die Schweizerinnen und Schweizer dem «Gratisgeld» so skeptisch gegenüber? Für die Politologin Isabelle Stadelmann-Steffen von der Universität Bern ist das Modell des Schweizer Wohlfahrtstaates mitverantwortlich dafür. Die Schweiz setze auf Eigenverantwortung und bei vielen sozialpolitischen Programmen auf das Versicherungsprinzip. Mit anderen Worten, man bekommt mehr, wenn man mehr einbezahlt hat. «Ein Wechsel zu einem Grundeinkommen wäre eine fundamentale Abkehr von diesem Verständnis.»

Geldnoten.
Legende: Für Schweizer Banknoten muss man in Luzern auch in Zukunft arbeiten. KEYSTONE/Gaetan Bally

Ein Grundeinkommen geht laut Stadelmann-Steffen immer mit einem sehr hohen Grad an Universalität einher: «Unabhängig vom eigenen Beitrag sollen soziale Leistungen möglichst alle abdecken.» Das Konzept der Universalität sei stark verankert in sozialdemokratischen Wohlfahrtsstaaten (wie etwa Schweden oder Dänemark), nicht so aber in der Schweiz. «Die Einführung eines Grundeinkommens wäre in den meisten Ländern ein grosser Schritt, doch in Ländern wie der Schweiz ist er noch etwas grösser.»

Grundeinkommen nicht gleich Grundeinkommen

Weniger klar als in Luzern scheiterte ein ähnlich progressiver Vorschlag für einen Grundeinkommen-Versuch 2022 in der Stadt Zürich, 54 Prozent stimmten dagegen. Es ist bekannt, dass Grundeinkommen-Initiativen in progressiven Städten eher auf Gehör stossen und Vorstösse oft aus linken Kreisen kommen.

Isabelle Stadelmann-Steffen gibt aber zu bedenken, dass das nicht immer so sein müsse. Es gebe auch Varianten von Grundeinkommen, die eher als Sparmassnahme konzipiert seien und aus rechten Kreisen kämen, wie etwa das Experiment in Finnland vor ein paar Jahren. Dort werde dann versucht, gleichzeitig mit dem Schaffen eines Grundeinkommens andere Sozialleistungen abzuschaffen – und so insgesamt Geld zu sparen.

Grundeinkommen-Experiment in Finnland

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Zwischen 2017 und 2018 erhielten 2000 per Zufall ausgewählte Arbeitslose im Alter zwischen 25 und 58 Jahren anstatt Arbeitslosengeld 560 Euro Grundeinkommen monatlich. Dieses wurde steuerfrei, unbürokratisch, ohne Bedingungen und ohne Rechenschaftspflicht ausbezahlt. Zudem konnten und mussten alle Teilnehmenden dazuverdienen.

Das Experiment der finnischen Mitte-Rechts-Regierung zeigte, dass das Grundeinkommen nur wenige Arbeitslose schneller in den Arbeitsmarkt zurückbrachte. Die am Experiment beteiligten Personen waren in der Regel aber zufriedener mit ihrer persönlichen Situation und äusserten grösseres Vertrauen sowohl in die Zukunft als auch gegenüber dem Staat.

Insgesamt führte das finnische Experiment dazu, dass die Teilnehmenden eine bessere psychische Gesundheit aufwiesen, während der Staat sein Ziel verfehlte, Bezüger von Arbeitslosenhilfe vermehrt in eine Erwerbstätigkeit zurückzuführen und sie damit wieder zu Steuerzahlern zu machen.

Zehn Jahre nach der letzten nationalen Initiative ist vergangenen Januar ein neuer Anlauf für ein schweizweites Grundeinkommen gescheitert. Für die Initiative «Leben in Würde – für ein finanzierbares Grundeinkommen» konnten nicht genügend Unterschriften gesammelt werden.

Laut Stadelmann-Steffen könnte ein weiterer Grund für das Scheitern sein, dass Grundeinkommen-Initiativen gerade in progressiven Varianten mit Mehrausgaben einhergehen. «Solche Anliegen haben es in Zeiten von multiplen Krisen sicher schwerer.»

Regionaljournal Luzern, 27.11.2023, 8:31 Uhr

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