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Auf der Suche nach Einnahmen Lugano fischt im weltweiten Teich der Superreichen

Die Stadt ist klamm, es muss mehr Geld her. Deshalb wirbt Lugano bei Multimillionären in London mit seinen Vorzügen.

Lugano braucht Geld. Das Budget fürs nächste Jahr ist tiefrot, deshalb muss der Steuerfuss für juristische Personen erhöht werden. Das sei nicht gut für eine Stadt, die wachsen wolle, sagt Marco Chiesa.

Der ehemalige SVP-Präsident und Tessiner Ständerat sitzt seit diesem Frühling auch in der Stadtregierung von Lugano und ist dort für die Finanzen zuständig.

Reiche zahlen überproportional Steuern

«Wir wollen eine gute Basis an Steuerzahlern haben», sagt Chiesa. Das reichste Prozent der Luganerinnen und Luganer bezahle 31 Prozent der Steuereinnahmen. Reiche Menschen könnten also einen «riesigen» Beitrag an die öffentlichen Ausgaben der Stadt bestreiten.

Lugano verbreitet mit mediterranem Flair Ferienstimmung, ist sicher und sauber.
Autor: Marco Chiesa Stadtrat von Lugano, zuständig für die Finanzen

Und so buhlt Lugano um die «Globalisti» und «Superricchi», wie man die internationalen Superreichen hier im Tessin nennt. Deshalb habe man in London einen Anlass organisiert, um diesen Superreichen aufzuzeigen, wie schön Lugano sei, so Chiesa weiter.

Denn viele wüssten nicht, wie attraktiv die Schweiz sei, geschweige denn, was Lugano alles zu bieten habe: «Die Stadt verbreitet mit ihrem mediterranen Flair Ferienstimmung, zugleich ist sie sicher und sauber», betont Stadtrat Chiesa.

Hunderte Pauschalbesteuerte in Lugano

Bereits jetzt leben Hunderte Pauschalbesteuerte – also Ausländerinnen und Ausländer, die in der Schweiz kein Geld verdienen und gemäss ihrem Lebensaufwand besteuert werden – in Lugano, darunter immer mehr Superreiche. Laut dem neuesten Centi-Millionaire-Report 2024 leben 35 Personen mit einem Vermögen von über 100 Millionen Franken in Lugano.

Besonders viele dieser Reichen und Superreichen wohnen im Quartier Brè-Aldesago am Fusse des Monte Brè. Antonio Rossi ist Kommissionspräsident des Quartiers. Er begrüsst die Strategie der Stadt und findet es gut, dass man um Superreiche für Lugano wirbt.

Die Superreichen stören hier niemanden.
Autor: Antonio Rossi Kommissionspräsident des Quartiers Brè-Aldesago

Rossi hat kein Problem damit, sollte es in seinem Quartier bald noch mehr Reiche haben. Zwar kenne man sie kaum, weil sie meist nicht an Quartieraktivitäten teilnehmen. «Aber dafür stören sie auch niemanden.»

Oben die Reichen, unten die Migranten

Etwas anders beurteilt es Marco Imperadore, Quartier­kommissions­präsident von Pregassona. Hier wohnen oben am Hang immer mehr Reiche und unten in den teils schäbigen Mehrfamilienhäusern viele Mittelstands- und Migrantenfamilien.

Imperadore betont, dass er nichts gegen diese «Globalisten» habe. «Aber es muss verhältnismässig sein. Und wir dürfen die untere Mittelschicht nicht vergessen.»

Imperadore weiss, wovon er spricht. Er ist der Gründer des Quartiernetzwerkes Amelie, das in Pregassona das Zusammenleben in der Nachbarschaft fördert. Hier treffen sich Einheimische mit Migranten und Reichere mit Ärmeren. Aber eben, die «Globalisti» sehe man hier nie.

«Diese Leute schliessen sich in ihren Häusern ein und nehmen nicht am Sozialleben teil», sagt er. Darunter leide auch das lokale Gewerbe, denn diese Superreichen würden nicht in Läden einkaufen. «Das ist ein Problem.» Ganze Quartiere würden so veröden, befürchtet Imperadore.

Sie schliessen sich in ihren Häusern ein und nehmen nicht am Sozialleben teil.
Autor: Marco Imperadore Präsident der Quartierkommission von Pregassona

Der Centi-Millionaire-Report prognostiziert für die nächsten 15 Jahre mehr als eine Verdoppelung der Superreichen in der Region Lugano. Ein erster Anlauf dazu wird Mitte November genommen. Dann fliegen Vertreter der Stadt Lugano nach London, um dort die Werbetrommel für die «Superricchi» zu rühren.

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