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Aufarbeitung der Pandemie Zahlen der Corona-Toten in der Schweiz sind widersprüchlich

Das Bundesamt für Statistik (BFS) zählt 5000 Todesopfer durch die Corona-Pandemie mehr als das Bundesamt für Gesundheit (BAG).

Mehr als ein Jahr ist es her, dass die Welt­gesundheits­organisation (WHO) verkündet hat: Der internationale Gesundheitsnotstand in Sachen Corona ist beendet, das Schlimmste vorbei. Der Alltag ist zurück.

Bleibt die Aufarbeitung und die Frage: Wie gut ist die Schweiz durch die Pandemie gekommen? Wirtschaftlich, sozial, politisch und auch was die gesundheitlichen Folgen angeht. Wer wissen will, wie viele Corona-Tote es in der Schweiz gegeben hat, stösst allerdings auf Widersprüche.

Tiefere Zahlen des Bundesamts für Gesundheit

Laut Dashboard der WHO sind in der Schweiz etwas über 14'000 Menschen an Corona gestorben. Diese Zahl basiert auf den Meldungen des Bundesamts für Gesundheit (BAG) an die WHO und steht so auch im Dashboard des Bundesamtes selbst. Damit steht die Schweiz im europäischen Vergleich nicht schlecht da.

Kerzen vor einem beleuchteten Gebäude bei Nacht.
Legende: Wer wissen will, wie viele Tote es in der Schweiz aufgrund von Corona gegeben hat, stösst auf Widersprüche. Keystone/ PETER SCHNEIDER

Nun war von Beginn weg anzunehmen, dass die Zahlen des Bundesamts für Gesundheit in der Akutphase der Pandemie nicht vollständig waren, auch nicht vollständig sein konnten. 

Sie fussen auf laufenden Meldungen der Spitäler an das Amt während der Pandemie: Wie viele Menschen sind wegen Corona neu hospitalisiert worden und wie viele daran gestorben. Diese Meldungen wurden unter Zeitdruck verfasst. Sie geben vor allem die glasklaren Fälle wieder, Nachmeldungen gab es regelmässig. Das BAG kommunizierte dies durchaus transparent.

Höhere Zahlen vom Bundesamt für Statistik

Jahr für Jahr zählen die Fachleute vom Bundesamt für Statistik (BFS), wer in der Schweiz woran gestorben ist. Basis sind auch hier die Meldungen von Ärztinnen und Ärzten sowie Spitälern. Allerdings werden diese Meldungen nicht direkt nach dem Tod der Person verfasst, sondern etwas später. Sie sind detaillierter und nach internationalen Standards kodiert. Das BFS zählt dann nach, bei wie vielen Toten welche Todesursache kodiert ist. So auch während der Corona-Pandemie.

Die Überraschung: Die Zahlen des BFS sind deutlich höher. Rechnet man die Jahre 2020, 2021 und 2022 zusammen, kommt man auf 19'365 Tote durch Corona. Das ist ein Drittel mehr als nach Angaben des Bundesamts für Gesundheit, in Zahlen: 5000 Tote mehr.

Im weltweiten Ranking rutscht die Schweiz auf Basis dieser Zahlen ab, sie landet bei 21 Toten auf 10'000 Einwohnende, fast gleichauf mit Deutschland.

Während der Pandemie waren die Todeszahlen eine der Kenngrössen, um zu ermessen, wie hart ein Land betroffen und wie wirksam allfällige Massnahmen waren. Deshalb scheint es stossend, dass die deutlich höheren Zahlen des BFS nach wie vor wenig bekannt sind. Auf den Referenzseiten im Netz tauchen sie gar nicht auf.

Echo der Zeit, 29.06.2024, 18 Uhr

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