Es sind keine guten Noten, die die Geschäftsprüfungskommission des Nationalrats dem Bundesamt für Gesundheit ausstellt: In der Corona-Pandemie habe das BAG wissenschaftliche Erkenntnisse nur «teilweise angemessen» genutzt.
Das heisst: Die wichtigste Behörde in dieser Krise hat das wissenschaftliche Know-how im Land nicht gut genutzt, obwohl es vorhanden war. Das Netzwerk der Behörde in wissenschaftlichen Kreisen war – so der Eindruck – nicht gut genug für den Krisenfall. Und es sei dann zu spät und «ohne Strategie» aufgebaut worden.
Entscheide schlecht erklärt
Der zweite grosse Kritikpunkt betrifft die Kommunikation: Das BAG habe den Menschen im Land zu wenig erklärt, auf welchen wissenschaftlichen Grundlagen seine Entscheide beruhten. Das ist in einer Krise, deren Bewältigung entscheidend von wissenschaftlichen Erkenntnissen abhängt, eine recht schwerwiegende Kritik.
Wie jede Gesundheitsbehörde auf dieser Welt ist auch das BAG von dieser Pandemie überrascht worden. Aber es lohnt sich, nun kritisch nachzuschauen und mögliche Lehren daraus zu ziehen.
Der Mangel an Daten
Während der Pandemie – gerade im Herbst 2020, als sich die starke, zweite Welle aufbaute – war eine Hauptkritik vieler Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler: Es fehlen uns schlicht die Daten zu Krankheitsfällen und Ansteckungsorten, um Politik und Verwaltung sinnvoll beraten zu können.
Über Wochen wiederholten Wissenschaftler die Bitte, diesem Anliegen doch nachzukommen. Dass hier nicht schneller mehr ermöglicht wurde, fällt auch in die Verantwortlichkeit des BAG.
Mangel an Voraussicht und Know-how
Die nun vorliegende Einschätzung der Kommission ergänzt das Bild, das andere Stimmen aus Bundesbern zeichnen: Ende 2022 legte die Bundeskanzlei einen Bericht vor, in dem zahlreiche Perspektiven zusammenflossen: Selbstanalyse der Verwaltung, Stimmen aus den Kantonen und Stimmen anderer Beteiligter – wie der Ärztevereinigung FMH.
Wichtigste Take-Home-Message damals war: Es fehlte im BAG in Teilen spürbar an vorausschauendem Krisenmanagement und an der Fähigkeit, in Szenarien und Wahrscheinlichkeiten zu denken. Also an der Fähigkeit, sich auf alle möglichen Fälle von «kommt schon gut» bis «kommt ganz bös» einzustellen.
Auch hier hätte mehr Know-how im Umgang mit wissenschaftlichen Studien und epidemiologischen Szenarien geholfen. Mehr Wissen darüber, was Wissenschaft hier kann und auch was nicht. Für einen neuen gesundheitlichen Krisenfall wäre ein besseres Ineinandergreifen von Wissenschaft, Politik und Verwaltung nicht nur wünschenswert, sondern Pflicht. Die Chance zu lernen ist da.