- Die Schweiz betreibt zwar keinen Handel mit Pässen für reiche Ausländer. Sie können sich aber relativ einfach hier niederlassen.
- Kantone können beim Bund Sonderaufenthaltsbewilligungen beantragen. Die Begründung: Die reichen Ausländer generieren Steuereinnahmen.
- Neue Zahlen zeigen: Im den letzten zehn Jahren hat das Staatssekretariat für Migration (SEM) 578 solche Bewilligungen erteilt.
Der Fall des russischen Oligarchen Roman Abramowitsch ist der aktuellste, wenn auch eher untypisch. Die «SonntagsZeitung» enthüllte dieses Jahr, dass sich der Putin-Intimus in Verbier niederlassen wollte. Das SEM wollte ihm aber aus sicherheitspolitischen Überlegungen keine Bewilligung erteilen.
Das ist selten. Denn in den letzten zehn Jahren hat das SEM 578 Aufenthaltsbewilligungen für reiche Menschen aus Ländern ausserhalb der EU erteilt. Nur sechs Gesuche hat das Amt in den letzten fünf Jahren abgelehnt.
SP-Nationalrätin Susanne Leutenegger-Oberholzer ist eine langjährige Kritikerin dieser Praxis. Sie sei skandalös, sagt sie: «Man kann sich das Recht in der Schweiz erkaufen. Man muss nur genügend Geld haben, dann bekommt das Recht zum Aufenthalt, sich Immobilien zu erwerben und zu alledem noch die Pauschalbesteuerung.»
«Erhebliche fiskalische Interessen» der Kantone
Für wohlhabende Ausländer lohnt sich der Umzug in die Schweiz. Wenn sie in der Schweiz nicht arbeiten, profitieren sie von der Pauschalbesteuerung. Diese orientiert sich an den Ausgaben der Person im Inland, im Wesentlichen an der Immobilie, die sie hier besitzt, nicht am Vermögen und Einkommen im Ausland.
Sie erhalten eine Aufenthaltsbewilligung mit der Begründung «erheblicher fiskalischer kantonaler Interessen». So steht es in der Verordnung zum Ausländergesetz.
Die Schweiz lockt reiche Russen
Mit Abstand am häufigsten haben russische Staatsbürger in den letzten zehn Jahren eine solche Aufenthaltsbewilligung erhalten, nämlich 186 gefolgt von 37 Türken, 24 Kanadierinnen, 23 US-Amerikanern. Vereinzelt erhielten auch Bürger aus Saudi-Arabien, der Ukraine, dem Irak und dem Kongo Aufenthaltsbewilligungen für Reiche.
Auch wenn sie verhältnismässig wenig Steuergeld zahlen müssen, bringen sie den Kantonen doch Einnahmen, wie der Walliser FDP-Nationalrat Philippe Nantermod erklärt: «Diese Leute zahlen viel für die Schweiz und die Bevölkerung. Im Wallis sind es jedes Jahr dreissig Millionen Franken, die über die Pauschalbesteuerung hereinkommen. Dieses Geld ist wirklich willkommen.»
Das Volk hat bereits gesprochen
Das ist auch der Grund, weshalb Bestrebungen von linker Seite, diese Praxis zu unterbinden, stets gescheitert sind. Entweder bereits im Parlament, oder vor sechs Jahren an der Urne, als die Bevölkerung die Initiative zur Abschaffung der Pauschalbesteuerung deutlich ablehnte.
Dazu sagt SP-Nationalrätin Leutenegger-Oberholzer: «Wir haben diese Abstimmung vor allem verloren, weil die Kantone damals geltend gemacht haben, sie würden künftig genauer hinschauen und die Regeln ein bisschen verschärfen. Ich habe meine Zweifel, dass das tatsächlich geschehen ist.»
Diese reichen Leute kommen zu uns und zahlen für die armen in der Schweiz. Am Ende kommt das Geld allen zugute.
Die Zahl der Sonderaufenthaltsbewilligungen für reiche Ausländer blieb seither stabil. Die SP-Nationalrätin kämpft weiter gegen dieses Privileg. Es sei ungerecht und unethisch gegenüber Normalverdienenden, die Schweiz verkomme zur Insel der Superreichen, kritisiert sie.
FDP-Nationalrat Nantermod mag sich nicht auf solche Diskussionen einlassen. «Das ist nicht wahr. Wir sind viel mehr als eine kleine Stadt wie Monaco. Diese reichen Leute kommen zu uns und zahlen für die armen in der Schweiz. Am Ende kommt das Geld allen zugute.»