Seit Anfang Woche dürfen die evakuierten Bewohnerinnen und Bewohner von Brienz/Brinzauls (GR) im Albulatal tagsüber stundenweise in ihre Häuser zurück. Am Mittwochmorgen durften auch Journalistinnen und Journalisten erstmals seit dem Geröllniedergang vor zwei Wochen wieder ins Dorf.
Ein Schuttstrom aus Gestein und mehrere Felsstürze verfehlten in der Nacht auf den 16. Juni die Häuser in Brienz nur knapp. Zwar habe sich die Situation am Berg beruhigt, sagen die Geologen, die Gefahr sei aber mittelfristig nicht gebannt.
Der Gemeindepräsident von Albula/Alvra, Daniel Albertin, zeigte sich bei der Begehung beeindruckt von der Grösse des Schuttkegels. Er hoffe nun von den Geologen auf ein baldiges Signal der Entspannung.
Albertin zeigte sich vor den Medienschaffenden zuversichtlich, dass es «eine Frage von Tagen» sei, bis die 84 Bewohnerinnen und Bewohner von Brienz ins Dorf zurückkehren können. Nachts ist das Dorf seit der Evakuierung vom 12. Mai Sperrzone.
Bevölkerung ist ungeduldig
Die Brienzerinnen und Brienzer seien ungeduldig und wollten wieder ins Dorf zurück, sagte der Mediensprecher der Gemeinde, Christian Gartmann. Allen sei klar: «Brienz hat sehr viel Glück gehabt.» Es sei «viel heruntergekommen». Stefan Schneider, Geologe und Leiter Frühwarndienst, sagt: «Wenn wir die Gefährdungen sicher ausschliessen können, empfehlen wir der Gemeinde, die Leute definitiv zurück ins Dorf zu lassen.»
Das Geologen-Team analysierte den Schuttkegel vor Ort und kann jetzt ziemlich genau sagen, wie der Schuttstrom und die Felsstürze zustande kamen. Stefan Schneider, Geologe und Leiter des Frühwarndienstes, sagt: «Das konnten wir rekonstruieren, obwohl es nachts passierte und wir keine Bilder haben. Wir sahen aufgrund der Ablagerungen, von Tonaufnahmen und seismischen Aufnahmen, auf welche Art und Weise das herunterkam.»
Was, wenn starker Regen kommt?
Der Berg werde «nach wie vor sehr gut überwacht», so Schneider. Der Fokus liege auf dem Plateau ganz oben, das nach dem Schuttstrom vorübergehend in Bewegung geraten war. «Dies hat uns aufhorchen lassen.» Inzwischen habe sich die Bewegung wieder verlangsamt.
Alles, was man vom Dorf aus sieht, rutscht.
Noch sind aber viele Fragen offen. Zum Beispiel, wie sich der obere Teil des Berges verhält nach dieser Entladung von rund 1.2 Millionen Kubikmeter Gestein – und auch, was passiert, wenn es wieder stark regnet.
Es bestehe eine gewisse Gefahr, dass sich das Plateau wieder beschleunige. Unter Beobachtung stehen auch die nicht abgerutschten Reste der Insel. Kleinere Felsstürze sind laut dem Geologen noch möglich, sollten aber für das Dorf Brienz keine Gefahr darstellen.
Stollen bringt Entlastung
Laut dem Geologen Andreas Huwiler sind rund um Brienz mehrere Geländeformationen instabil. «Alles, was man vom Dorf aus sieht, rutscht.» Dies gelte auch für das Dorf selbst. Die «Rutschung Dorf», die rund 100 Millionen Kubikmeter umfasst, sei durch den Schuttstrom vom 16. Juni schneller geworden.
Eine messbare Entlastung bringt laut Huwiler ein Stollen, der den Wasserdruck im Gelände reduzieren soll. Bisher wurde erst ein Versuchsstollen gegraben. Nun soll das Projekt mit Hochdruck vorangetrieben werden. Am 14. Juli stimmt die Gemeinde Albula über einen Kredit ab.