Als «Haus der 1000 Hüte» bezeichnet sich das «Maison du chapeau» über der Eingangstür – das klingt vollmundig, doch es ist nicht übertrieben. Im Ladenlokal in der Nähe des Luzerner Bahnhofs türmen sich Hüte, so weit das Auge reicht: Schiebermützen, Panamahüte, Borsalinos, Berrets, Cocktailhüte.
Mittendrin Herbert Meier, 76 Jahre alt. Er ist Patron des «Maison du chapeau», gerne unterwegs in Knickebockern, passendem Schal und – natürlich – farblich abgestimmter Mütze.
Tausend Hüte und eine Überzeugung
Vor bald 30 Jahren übernahm Meier mit einem Geschäftspartner das damalige Traditions-Hutgeschäft Kirsten-Bieri in Luzern. Aus Köln kam er angereist, im Gepäck, wie er sagt, tausend Hüte und eine Überzeugung: dass jede Frau und jeder Mann mit Hut besser aussieht als ohne.
Eine Frau mit Hut hat einen geraderen Gang.
An dieser Überzeugung hat sich bis heute nichts geändert. «Ein Mann mit Hut ist perfekt, elegant», sagt er. «Eine Frau mit Hut hat einen geraderen Gang. Sie drückt den Rücken mehr durch und geht eleganter.»
Herbert Meier, der das «Maison du chapeau» seit 2001 allein führt, ist es gelungen, zahlreiche Kundinnen und Kunden von den Vorzügen einer mit Bedacht gewählten Kopfbedeckung zu überzeugen. Sein Lokal hat sich einen Ruf weit über Luzern hinaus erarbeitet, Kundschaft reist aus der ganzen Schweiz an.
Stars im Laden – und der Laden im «Tatort»
Auch internationalen Showbiz-Glamour brachte Meier nach Luzern: Er hatte Entertainer Udo Jürgens genauso in seinem Laden wie Schauspielerin Hannelore Elsener oder James Bond-Darsteller Roger Moore. Darauf ist Meier stolz, betont aber, dass Prominenz bei ihm keine Sonderbehandlung erhalte. «Die werden genauso bedient, wie alle andern auch, ich werfe mich da nicht auf den Boden», sagt er. «Die sind alle nett – die kennen mich mittlerweile und sind deswegen auch immer wieder gekommen.»
2014 kamen auch die Macher der Krimireihe «Tatort». Ihnen war der legendäre Laden nicht verborgen geblieben: Sie bauten das «Maison du chapeau» als Drehort für eine Verfolgungsjagd in eine Folge ein – mitsamt Patron. Meier lacht schallend heraus, wenn er sich daran erinnert, wie er im «Tatort» zu sehen war, mit verdutztem Gesicht hinter dem Ladentisch, während zwischen den Hüten eine Prügelei stattfand: «Jaja, ich hatte eine Statistenrolle, indem ich da stand und aufpasste.»
Ende Jahr ist Schluss
Könnte das «Maison du chapeau» reden, es hätte viel zu erzählen. Aber bald ist Schluss damit. Es herrscht Ausverkauf im Hutgeschäft, Ende Jahr schliesst der Herbert Meier sein Lokal. Nicht ganz freiwillig.
Wie viele andere leidet auch er unter der Corona-Krise, darunter, dass es in der Touristenstadt Luzern kaum noch Touristen gibt. «Ich habe meine ausländischen Touristen nicht mehr, und von den Schweizern haben schon viele einen Hut oder eine Mütze von mir», sagt Meier. «Die Miete ist einfach zu teuer. Corona hat alles kaputt gemacht.»
Corona hat alles kaputtgemacht.
Und dem freimütigen Erzähler mit dem breiten Lachen, stockt auf einmal die Stimme, wenn er daran denkt, dass bald Schluss ist mit dem «Haus der 1000 Hüte»: «Es macht mich sehr traurig», sagt er. Und fährt nach kurzem Zögern fort: «Aber es muss weitergehen, nicht?»