- Die erneuerbare Energieproduktion in der Schweiz soll in den nächsten Jahren und Jahrzehnten deutlich ausgebaut werden. Darüber herrscht im Nationalrat Einigkeit.
- In der Eintretensdebatte sind aber auch die Streitpunkte beim Energie-Mantelerlass deutlich geworden.
- Nun beginnt die Detailberatung, die sich über die nächsten zwei Tage erstrecken wird.
Während der anderthalbstündigen Grundsatzdebatte war klar zu erkennen, dass es bei der 141-seitigen Vorlage um viel geht. Kommissionssprecher Matthias Samuel Jauslin (FDP/AG) listete während rund zehn Minuten verschiedene Kernpunkte auf: Ausbau der Solarpflicht bei Gebäuden, beschleunigte Digitalisierung des Stromnetzes und zusätzliche Winterstromproduktion.
Jauslin bilanzierte: Der Energie-Mantelerlass sei die Voraussetzung für einen raschen und gezielten Ausbau der erneuerbaren Energien. Jauslin plädierte dafür, der «austarierten und mehrheitsfähigen» Vorlage der Kommission zuzustimmen. Dabei gelte es zuweilen, über den eigenen Schatten zu springen.
Die Linke machte sogleich klar, dass der Ausbau der Energiestrategie nicht zulasten der Umwelt gehen könne. Die Nutz- und Schutzinteressen müssten sich die Waage halten, sagte Nadine Masshardt (SP/BE). Der Ständerat als Erstrat habe verschiedene rote Linien überschritten. Der Schutz der Biotope und der Restwassermengen unterhalb von Wasserkraftwerken dürfe nicht aufgeweicht werden.
Auch Bastien Girod (Grüne/ZH) trat für eine «naturfreundliche Energiewende ohne unnötige Eingriffe in die Natur» ein. Die Nationalratskommission habe erste Fehlentscheide der kleinen Kammer korrigiert. «Man könnte es aber noch besser machen.»
Barbara Schaffner (GLP/ZH) unterstrich, dass Biotope von nationalem Interesse vom Kraftwerksausbau verschont werden müssten.
Am kritischsten sehe ihre Fraktion den Ausbau der Wasserkraft, weil solche Kraftwerke schwierig zurückgebaut werden könnten. Dennoch müssten 15 Wasserkraftprojekte prioritär ausgebaut werden.
Mögliches Referendum
Die Bürgerlichen forderten «pragmatische Lösungen». Die zu bewältigenden Herausforderungen seien zahlreich, betonten mehrere Rednerinnen und Redner. Sie zählten die Dekarbonisierung, die Entwicklung der Elektromobilität, den Ersatz von fossilen Heizungen durch Wärmepumpen und das Bevölkerungswachstum auf.
Die Erneuerbaren müssten massiv ausgebaut werden, ohne jedoch die Tür für Kernkraftwerke der vierten Generation zu verschliessen, hielt Jacques Bourgeois (FDP/FR) fest. Die SVP forderte ebenfalls Lockerungen im Kernenergiegesetz. «Die Herausforderungen sind immens, weil in der Vergangenheit falsche Entscheide getroffen wurden», sagte Christian Imark (SVP/SO).
Die Korrektur dürfe jetzt nicht durch grosse Umwelteingriffe und eingeschränkte Volksrechte erfolgen. Beschliesse das Parlament beispielsweise eine Ausweitung der Solarpflicht bei Gebäuden, sei die Vorlage gefährdet. Imark brachte bereits ein mögliches Referendum ins Spiel.
«Zeit für ein Update»
Nicolo Paganini (Mitte/SG) warnte vor einem Scheitern der Vorlage. «Dies würde die Energiepolitik weiter zurück als auf Feld eins führen.» Im Namen seiner Fraktion warb er deshalb für eine Debatte «ohne ideologische Scheuklappen». Die Mitte werde dafür plädieren, die Vorlage nicht zu überladen.
Ein AKW-Neubau oder eine vollständige Strommarktöffnung sollten deshalb später diskutiert werden. Grundsätzliches Ziel müsse eine sichere und bezahlbare Energieproduktion sein.