Lea Birrer greift zum Rechen und verteilt damit das Heu in den Liegeboxen der Kühe, das dichte gekrauste Haar zusammengebunden, damit es nicht stört bei der Arbeit. Zwei- bis dreimal am Tag richtet sie das Heu im Stall im luzernischen Inwil neu. «Die Kühe sind jetzt ja draussen auf der Weide, aber wenn sie zurückkommen, sollen sie weich liegen», lacht die Teenagerin. Dann eilt sie hinüber zu den Schweinen – dort steht bald die Fütterung an.
Mehr Lernende als vor 10 Jahren
Lea Birrer steckt mitten im zweiten Lehrjahr ihrer dreijährigen Ausbildung zur Landwirtin. Als eine von rund 3800 Jugendlichen, die schweizweit eine landwirtschaftliche Ausbildung machen.
Verglichen mit den gut 45'000 Jugendlichen, die eine KV-Lehre absolvieren, mögen das zwar wenige sein, doch die Ausbildung in einem Landwirtschaftsbetrieb gewinnt an Beliebtheit: Abgesehen von einem Rückgang im Schuljahr 2019/2020 steigt die Zahl Lernenden seit gut zehn Jahren kontinuierlich an.
Für Lea Birrer stand bereits früh fest, dass sie Landwirtin werden wollte. Ihre Eltern führen einen Hof im luzernischen Emmen, sie half als Kind schon mit. «Ich mag Tiere, vor allem Kühe», sagt sie. «Und ich fahre gern mit Traktoren, auch die grösseren Maschinen.» Ihr Fernziel: Irgendwann den elterlichen Betrieb übernehmen.
Umfeld war bei Berufswahl zunächst skeptisch
Ihr Umfeld habe ihr zunächst zu einer anderen Ausbildung geraten. Vielleicht habe es Zweifel gegeben, ob sie das wirklich packen würde mit der Landwirtschaft, sagt Birrer – für jemanden, der frisch von der Schule komme, sei der Wechsel in einen Bauernbetrieb schon ziemlich heftig.
«Die Tage beginnen früh und enden spät, und man arbeitet auch draussen, wenn es tagelang regnet.» Ihr mache das wenig aus, davon habe sie schliesslich auch ihr Umfeld überzeugt. «Jeden Tag, wenn ich im Stall bin, spüre ich, dass ich die richtige Ausbildung gewählt habe», sagt sie.
Jeden Tag im Stall spüre ich, dass ich die richtige Ausbildung gewählt habe.
Die wachsende Beliebtheit der landwirtschaftlichen Ausbildung freut auch Jakob Lütolf, Präsident des Zentralschweizer Bauernbunds und Vorstandsmitglied des Schweizer Bauernverbands. «Als ich vor 30 Jahren aus der Ausbildung kam, war das anders, da sank das Interesse am Beruf kontinuierlich», sagt er.
Vielfältiges Berufsbild kommt bei Jungen gut an
Eine eindeutige Erklärung für die Trendwende hat Lütolf nicht. Aber: «Der Beruf ist breit gefächert, man ist viel draussen und hat gleichzeitig mit technischen Themen und der Digitalisierung zu tun. Das scheint junge Leute anzusprechen.»
Auch für Lea Birrer gehört die Digitalisierung zum Alltag. In einem kleinen Raum neben dem Stall steht ein kleiner Bürotisch, darauf ein Computer, diverse Kurven und Zahlen auf dem Bildschirm. Die Milchleistung der Kühe wird hier überprüft, Besamungen eingetragen, die Daten der Tiere vermerkt.
Ja, Abwechslung sei einer der Vorteile des Berufs, sagt sie – allerdings sei sie froh, müsse sie täglich bloss zehn Minuten vor einem Monitor sitzen.
Junge Frauen sind in Ausbildung untervertreten
In der Berufsschule sind angehende Landwirtinnen in der Minderheit: In ihrer Klasse seien lediglich rund ein Viertel Frauen, sagt Birrer. Sprüche müssten sie sich von den Mitschülern gelegentlich zwar anhören, doch damit könnten sie umgehen.
«Es sind vor allem junge Landwirte in Ausbildung, die manchmal das Gefühl haben, Frauen kämen auf einem Hof nicht zurecht», grinst sie. «Die älteren haben alle schon erlebt, wie gut die Frauen anpacken können». Sagt's, steigt auf einen alten John-Deere-Traktor – und knattert davon.