Die Schweizerische Konferenz für Sozialhilfe (Skos) präsentiert alarmierende Fakten. Um mehr als die Hälfte hat die Zahl der über 55-Jährigen in der Sozialhilfe seit 2010 zugenommen. Es sind nun über 30’000 Personen.
Betroffen vom Verlust des Arbeitsplatzes und von der Unmöglichkeit, eine neue Stelle zu finden, dürften aber noch viel mehr sein, vermutet Felix Wolffers, Co-Präsident der Skos: «Wir wissen, dass sehr viele Personen in dieser Alterskategorie über Vermögen verfügen, oder über familiäre Strukturen, die sie unterstützen. Deshalb sind viel mehr Personen betroffen, als wir in der Sozialhilfe sehen.»
Wer nach 55 die Stelle verliert, hat kaum mehr Chancen, wieder in den Arbeitsmarkt integriert zu werden. Nur gerade jeder Siebte findet wieder eine Stelle, die anderen werden ausgesteuert. Und dann komme der soziale Abstieg, sagt Wolffers: «Wenn die Leute in die Sozialhilfe müssen, müssen sie vorher ihr ganzes Vermögen aufbrauchen. So rutschen sie in die Altersarmut, und das wollen wir verhindern.»
Neue Idee für ältere Arbeitssuchende
Die Skos unterbreitet deshalb ein neues Modell, das älteren Arbeitslosen den Wiedereinstieg in die Arbeitswelt ermöglichen soll. In einem ersten Entwurf im Frühling hatte die Skos noch auf eine Verlängerung der Arbeitslosenversicherung gesetzt.
Doch stellte sich heraus, dass dies mit EU-Recht in Konflikt geraten würde. Nun sollen den Betroffenen stattdessen Ergänzungsleistungen ausbezahlt werden, und zwar etwas über 4100 Franken pro Monat für Menschen, die Vollzeit gearbeitet haben. Die Sozialhilfe beträgt lediglich gut 3000 Franken.
Damit würde verhindert, dass die Betroffenen ihr Vermögen aufbrauchen müssten, erläutert der Skos-Präsident. Bedingung sei allerdings, dass ein älterer Arbeitsloser vor der Aussteuerung mindestens zehn Jahre lang gearbeitet habe und sich weiterhin um eine Stelle bemühe, sich also beim Regionalen Arbeitsvermittlungszentrum (RAV) anmelde: «Mit dem neuen System bleiben die Leute in der Vermittlung der Arbeitslosenversicherung. Sie werden nach Möglichkeit wieder in den Arbeitsmarkt integriert.»
Rund 4000 Personen dürften vom System profitieren, hat die Skos ausrechnen lassen. Für die Bundeskasse würden Mehrkosten von 100 Millionen Franken pro Jahr entstehen, während Kantone und Gemeinden um 75 Millionen Franken entlastet würden. Das sei absolut verkraftbar, findet Wolffers: «Kostengünstigere Ansätze sehe ich keine.»
Verfassungsgrundlage existiert schon
Die Skos hofft deshalb, dass die Politik ihren Vorschlag nun aufnimmt. «Der Vorschlag wäre rasch umsetzbar, eine Verfassungsgrundlage dafür gibt es bereits. Die Politik müsste jetzt rasch handeln.»
Allerdings wird die Skos noch einiges an Überzeugungsarbeit leisten müssen. Das zuständige Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco), das zurzeit nach Lösungen für ältere Ausgesteuerte sucht, lehne den Vorschlag ab, bedauert Wolffers.