Bei Strafdelikten dürfen die Behörden nur noch DNA-Profile analysieren, wenn ein konkreter Verdacht gegen jemanden vorliegt. Diese höhere Hürde wurde vor gut anderthalb Jahren wegen eines Bundesgerichtsurteils eingeführt.
Letztes Jahr sind deshalb 30 Prozent weniger DNA-Profile von verhafteten Personen erstellt worden. Das zeigen neueste Zahlen des Fedpol. Die Staatsanwaltschaften warnen nun, dass dadurch weniger Verbrechen aufgeklärt würden. Die Regeln müssten wieder gelockert werden.
Für den leitenden Zürcher Oberstaatsanwalt Beat Oppliger ist klar: Die Behörden bräuchten wieder mehr Möglichkeiten, um mit DNA-Spuren zu arbeiten. «Man müsste jetzt im Rahmen der Revision der Strafprozessordnung Anpassungen vornehmen, damit wieder vermehrt Auswertungen von DNA-Profilen möglich werden.» Er steht mit seiner Forderung nicht alleine da.
In der Vernehmlassung zur laufenden Revision der Strafprozessordnung verschaffen die Konferenz der kantonalen Polizei- und Justizdirektoren (KKPJD) und neun Kantone ihrer Kritik Luft: «Es besteht dringender Handlungsbedarf», heisst es da. Es sei «ein gravierendes Problem», «eine untragbare Praxis», und sie sind der Meinung «eine gesetzliche Anpassung ist dringend nötig.»
Nach der aktuellen Rechtsprechung des Bundesgerichts braucht es erhebliche und konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Verhaftete in andere Delikte von einer gewissen Schwere verwickelt sein könnte. Erst dann darf man ein DNA-Profil erstellen. Die Kantone wollen dies nun abschwächen.
Eine DNA-Probe soll auch dann erfasst werden können, wenn eine «gewisse Wahrscheinlichkeit» für weitere Delikte bestehe. So könnten zum Beispiel ausländische Serieneinbrecher besser überführt werden, ist die Hoffnung.
Vor allem Vertreter der linken Parteien warnen aber davor, den Behörden zu viel Spielraum zu geben. Sie sehen das Grundrecht der Selbstbestimmung gefährdet.
Auch Nationalrätin und Juristin Sibel Arslan (Grüne/BS) ist deshalb entschieden gegen eine Lockerung der aktuellen Praxis: «Die heutige Bundesgerichtspraxis ist richtig. Wir könnten vielleicht mit Konkretisierungen leben. Aber eine Lockerung des Gesetzes, wie das die Polizei und die Staatsanwaltschaften möchten, kommt nicht infrage.»
Auch Nationalrätin Priska Seiler Graf (SP/ZH) betonte kürzlich im «Blick», die Bedingungen für eine DNA-Fahndung müssten «extrem eingeschränkt» bleiben, sonst würde die «Büchse der Pandora» geöffnet.
Anlass dafür war die Ankündigung von Justizministerin Karin Keller-Sutter, sie wolle die DNA-Fahndung weiter öffnen: Künftig sollen genetische Spuren der Täter auch nach Haar-, Augen- und Hautfarbe analysiert werden dürfen.
Mit dieser Erweiterung dürften sich die Fronten im Streit um den Umgang mit der DNA in der Verbrechensbekämpfung weiter verhärten.