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Auswilderung am Stockhorn Mit italienischen Steinböcken gegen Inzucht kämpfen

Bis zu 120 Steingeissen- und Böcke werden am Berner Stockhorn angesiedelt. Dies soll die genetische Basis verbessern.

Endlich wieder in Freiheit: Mit vollem Karacho spurten «Dora» und «Christoph» in die steilen Felswände oberhalb des Hinterstockensees hoch. Die beiden gehören zu den ersten Steinböcken, die in diesen Tagen am Stockhorn oberhalb des Thunersees ausgewildert werden.

Sie stammen aus Berner und Walliser Kolonien – aus den Gebieten Altesch-Lötschental, Brienzergrat und Schwarzmönch. Dort wurden sie betäubt, eingefangen und mit dem Helikopter zum Stockhorn gebracht, wo sie in einem Stall auf ihre Freilassung warteten.

So wurden die Steinböcke ausgesetzt

Sie sind die ersten von insgesamt rund 30 Tieren einer neuen Steinwildkolonie, welche in den nächsten drei Jahren am Stockhorn in der Nähe von Thun aufgebaut werden soll. Bis in 20 Jahren sollen bis zu 120 Steinböcke dort leben. Vor 200 Jahren gab es dort schon einmal Steinböcke. Sie wurden aber zu stark gejagt und ausgerottet.

Im Kanton Bern hat es mittlerweile wieder 12 Steinwildkolonien. Doch es gibt ein Problem. Die meisten Steinböcke im Bernbiet haben die gleichen Eltern – es droht also Inzucht in der Steinwild-Kolonie.

Breitere Genetik dank ausländischen Geissen

Am Stockhorn sollen in den nächsten Jahren deshalb auch Steinböcke aus Frankreich oder Italien angesiedelt werden, die die genetische Basis der neuen Kolonie verbreitern. Dies ist einer der Hauptgründe, warum das Auswilderungsprojekt am Stockhorn überhaupt gestartet wurde. Es ist das erste Projekt der Schweiz, das explizit auf eine breitere Genetik achtet.

Je breiter die Genetik ist, desto breiter die Anpassungsmöglichkeit.
Autor: Maik Rehnus Projektleiter Jagdinspektorat Kanton Bern

Das sei wichtig, damit die Tiere künftig besser gegen Krankheiten oder Umweltveränderungen bestehen können, sagt der Projektleiter Maik Rehnus: «Wegen des Klimawandels braucht man Tiere, die sich an den Lebensraum anpassen können. Und je breiter die genetische Diversität ist, desto besser ist ihre Anpassungsmöglichkeit.»

Wanderer am Stockhorn
Legende: Experten glauben, dass sich die steilen Hänge des Stockhorn-Gebiets für eine Kolonie von bis zu 120 Tiere eignet. Keystone

Hinter der Idee stehen der Verein «Freunde des Stockhorns», die Stockhornbahnen und auch der Kanton Bern. Sie möchten mit der Steinwildkolonie auch die Attraktivität des Ausflugsbergs erhöhen. Das Stockhorn ist schon jetzt ein beliebtes Wandergebiet. Steinböcke sollen zusätzliche Touristinnen und Touristen anlocken.

Der zuständige Berner Regierungsrat Christoph Ammann, der selbst Namensgeber eines Steinbocks ist, möchte gar den Bündnern Konkurrenz machen: «Ich habe die Hoffnung, dass es hier genauso schöne Bilder gibt, wie Graubünden Tourismus gemacht hat und unser Christoph und Dora den Gian und Giachen verdrängen.»

Steinböcke
Legende: Im Kanton Bern leben bis 1200 Steinböcke- und Geissen. Keystone

Wenn die Böcke mehr Touristen anlocken, sei dies jedoch ein zweischneidiges Schwert, sagt Jagdinspektor Niklaus Blatter: «Einerseits hat die Natur dann einen Wert, wenn die Leute sie erleben. Andererseits, wenn die Störung zu gross ist, tuts den Steinböcken nicht gut.» Steinböcke seien aber toleranter als andere Tiere. Es sei aber ein Projekt und man wisse nicht, wie dies herauskommt. Deshalb werden die ausgewilderten Tiere gechippt, verfolgt und genau beobachtet.

Speedflyer und Drohnen stören Geissböcke

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Drohne
Legende: Drohnen stöhren Wildtiere Keystone

Vor 20 Jahren wurden im Berner Diemtigtal bereits Steinböcke ausgewildert. Mit Erfolg: Mittlerweile leben zwischen 140 und 170 Geissen und Böcke dort.

Anfangs befürchtete man, dass die Tiere den Schafen oder dem Wald schaden. «Hätten sie zu viel Schaden angerichtet, hätte man sie erschiessen müssen», sagt der Wildhüter Ruedi Kunz. Er habe in den ganzen 20 Jahren aber nie negative Hinweise erhalten. Mittlerweile wächst die Population so schnell, dass einzelne Tiere zur Regulierung geschossen werden können.

Für die Menschen sind die Tiere also kein Problem – umgekehrt jedoch schon. «Vor allem Speed-Flyer und Drohnen stören das Wild ungemein», sagt Kunz. Vor allem, wenn sie den Tieren nachfliegen würden. «Deshalb haben wir am Niesen ein riesiges Problem mit dem Wildbestand.»

Regionaljournal Bern Freiburg Wallis, 02.05.2022, 17:30 Uhr

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