Das Wichtigste in Kürze:
- 2015 mussten über 800 Autolenker im Alter zwischen 70 und 74 ihren Fahrausweis abgeben.
- SVP-Nationalrat Reimann: «Die richtige Alterslimite für die Kontrolle ist 75.»
- Auch unter den Ärzten herrschen unterschiedliche Meinungen.
Die Auffassungen darüber sind geteilt, in welchem Alter Seniorinnen und Senioren eine Kontrolluntersuchung über ihre Fahrtauglichkeit über sich ergehen lassen müssen. Kontrolluntersuchung heisst: Sehtest, Hörtest, Reaktionstest. Es geht aber auch um geistige Fähigkeiten.
Hunderte Autolenker ausgemustert
Für die Strassenverkehrsämter der Schweiz sind diese Tests eine Erfolgsgeschichte. 2015 mussten knapp 2500 Männer und Frauen den Ausweis abgeben, mehr als 800 davon waren im Alter zwischen 70 und 74. Ginge es nach dem vorläufigen Parlamentsentscheid, würden sie nicht mehr zum Arzt bestellt.
Das wäre ein Fehler, findet Sven Britschgi vom Dachverband der Strassenverkehrsämter. «Das ist doch eine Anzahl, von der wir denken, dass sie etwas bringt für die Verkehrssicherheit – und zwar der Verkehrsteilnehmer allgemein und natürlich auch der betroffenen Personen in diesem Segment.»
Strassenverkehrsämter vs. SVP-Nationalrat
Zudem, so Britschgi, habe oft schon das Aufgebot allein eine Wirkung. «Viele überlegen sich in dem Moment, ob sie überhaupt noch fahrfähig sind, und geben ihren Fahrausweis freiwillig ab.» Auf die Selbsteinschätzung könne man sich aber nicht verlassen. «Beim Krankheitsbild der beginnenden Demenz ist eben genau diese Selbstreflexion nicht vorhanden.»
In solchen Fällen brauche es Externe, die die Fahrtüchtigkeit beurteilten, sagt Britschgi. Darum haben die Strassenverkehrsämter in ihrer Vernehmlassung gefordert: Limite 70 beibehalten. Die Mehrheit der Kantone, die bis jetzt, wenige Tage vor Ende der Frist, geantwortet haben, sagen das gleiche – darunter die drei grössten Deutschschweizer Kantone Zürich, Bern und Aargau.
Beim Krankheitsbild der beginnenden Demenz ist diese Selbstreflexion nicht vorhanden.
Aargau ist die Heimat von SVP-Nationalrat Maximilian Reimann. Von ihm stammt die Forderung, die Senioren erst mit 75 zur Kontrolle aufzubieten. «Eine Kontrollpflicht mit 70 ist unverhältnismässig. Die richtige Alterslimite ist 75. Und niemand muss vor mehr Unfällen deswegen Angst haben», sagt Reimann und beruft sich auf den Hausärzteverband, der sein Anliegen unterstützt.
Geteilte Meinungen auch bei Ärzten
Die Begründung der Medizinerorganisation: Die Kontrollen seien ein unnötiger Mehraufwand. Die meisten der 70- bis 74-Jährigen seien ja fit. Allerdings gehen die Meinungen unter den Ärzten in dieser Frage weit auseinander und der Ärzte-Dachverband FMH hat auf eine Stellungnahme verzichtet.
Niemand muss vor mehr Unfällen Angst haben.
Als nächstes liegt es an der zuständigen Kommission des Nationalrats zu entscheiden, wie sie mit den vielen negativen Reaktionen aus den Kantonen umgeht. Eine Möglichkeit: Dem Parlament beantragen, die Alterslimite entgegen dem früheren Beschluss bei 70 zu belassen.