Seit fünf Jahren testet Postauto in Sitten zwei selbstfahrende Elektrofahrzeuge. Jetzt sind sie sogar auf Abruf unterwegs. Im Sittener Vorort Uvrier fahren die Shuttles noch bis Ende Oktober. An zwanzig verschiedenen Haltestellen können sie per App oder Telefon bestellt werden. Das ist ein Novum in der Schweiz und bringt Postauto wertvolle Daten.
«Die Schwierigkeit daran ist das Flottenmanagement-System, das im Hintergrund abläuft. Eine Software entscheidet, welches Fahrzeug wann genau wohin fahren muss, damit wir eine möglichst hohe Auslastung der Fahrzeuge erreichen», sagt Martin Neubauer, Projektleiter für autonomes Fahren bei Postauto.
In Uvrier haben sich die Menschen mittlerweile an den Anblick der Shuttle-Busse gewöhnt. Doch wer erstmals sieht, wie sie da ganz gemächlich die Dorfstrassen entlang rollen, dem entlocken sie fast schon ein «Jöö». 20 Kilometer pro Stunde. Mehr geht derzeit nicht. Für schnelleres Fahren hat Postauto keine Bewilligung erhalten. Und so fragt man sich halt schon: Wer nutzt das? Wer kann es sich heutzutage auf Schweizer Strassen leisten, derart zu entschleunigen? «Touristen. Pensionäre. Schulkinder. Vor allem die Kleinen lieben unsere Shuttles», sagt Martin Neubauer.
Während die Schweizer Smart Shuttles eher langweiligen Charme versprühen, werben internationale Technologiekonzerne im Netz mit ungleich peppigeren Bildern für ihre autonomen Fahrzeuge. In San Francisco, Tel Aviv oder Shanghai steuern sich Robotaxis ganz allein durch den Grossstadtverkehr. Die meisten haben sicherheitshalber noch einen Fahrer an Bord, der jederzeit eingreifen kann. Andere, etwa die Google-Tochter Waymo, testen bereits voll autonome Systeme.
Internationaler Vergleich
Da stellt sich die Frage: wie steht die Schweiz in diesem internationalen Vergleich da? «Sehr gut», sagt Mobilitätsforscher Thomas Sauter-Servaes und erläutert: «Die chinesischen und amerikanischen Projekte zielen sehr darauf ab, einen Taxiverkehr ohne Taxifahrer zu bieten. Die Schweizer Projekte hingegen haben einen Ansatz, der auf autonomes Fahren im öffentlichen Verkehr basiert. Es kann ja nicht Sinn und Zweck sein, dass wir mit der Technologie des autonomen Fahrens am Ende noch mehr Strassenverkehr generieren. Deshalb glaube ich, sind die Schweizer Ansätze viel besser.»
Projekte wie jenes in Sitten gibt es in der Schweiz mittlerweile in mehreren Regionen. Dabei arbeiten die wichtigsten Mobilitätsanbieter eng zusammen. In der jüngst gegründeten Swiss Association for Autonomous Mobility SAAM werden die Projekte koordiniert.
Ohne Sicherheitsfahrer
Die autonomen Kleinbusse in Uvrier werden Ende Oktober indes aus dem Verkehr genommen. Postauto wird die Daten auswerten und einen Abschlussbericht für das Bundesamt für Strassen verfassen.
Die Entwicklung geht weiter.
Und dann? «Die Entwicklung geht weiter. Wir werden in den nächsten Jahren vermehrt solche autonomen Fahrzeuge auf den Schweizer Strassen sehen», sagt Martin Neubauer.
Dabei gehen die Bestrebungen in die Richtung, dass künftig auch der Sicherheitsfahrer aus den Fahrzeugen verschwinden wird. Bis es so weit ist, dürfte es freilich noch ein paar Jahre dauern.