SRF News: Inwiefern profitieren die Berner von den Erfahrungen mit Bären der Bündner ?
Reinhard Schnidrig: Der Bär hinterlässt nicht unbedingt Schäden, aber Spuren. Er sucht Nahrung, beispielsweise unter grossen Steinen, die er mit seiner Tatze umdreht. Dort sucht er nach Insektenlarven oder Spinnen. Solche Hinweise können hilfreich sein, das wissen wir. Doch die Wildhut kann nicht alleine die gesamte Natur beobachten. Es braucht auch Hinweise aus der Bevölkerung.
Hat die Zusammenarbeit mit der Bevölkerung im Kanton Graubünden gut funktioniert?
Sehr gut. Die Bündner, wie auch die Urner, haben die Bevölkerung in aller Ruhe aufgeklärt. Es braucht Respekt vor der neuen Wildheit, die in eine zahme Landschaft zurückkehrt. Wir wissen noch nicht, wann und wo das der Fall sein wird. Aber wenn der Bär stationär bleibt, dann muss man der Bevölkerung das Tier erklären. Man muss ihnen sagen, wo Probleme zu erwarten sind und wie man damit umgehen kann.
Wenn der Bär die Nahrungsquellen mal entdeckt, dann ist er sehr rasch daran gewöhnt und verliert die Menschenscheu.
Was können die Berner tun, damit der Bär im Eriz kein Problembär wird?
Die grosse Herausforderung im Zusammenleben mit Bären in unserer Kulturlandschaft ist mit Sicherheit der Umgang mit dem organischen Abfall. Der Bär ist ein Allesfresser, und er ist sehr lernfähig. Er merkt rasch, wo er leicht gute Nahrung findet. Zum Beispiel in Kehrichtkübeln entlang einer Passstrasse. Auch offene Komposthaufen sind aus Bärensicht Nahrung. Aber wie erwähnt, muss dieser Bär erstmal stationär bleiben. Dann kann man sich überlegen, wo diese potentielle Nahrungsquellen für den Bären sind. Wenn der Bär diese mal entdeckt, hat dann gewöhnt er sich schnell daran und verliert die Menschenscheu. Dann taucht er sogar am Tag in Siedlungen auf. Das wollen wir nicht.