Die Empfehlung des BAG zur Auffrischimpfung für 80-Jährige und nicht für die ganze Bevölkerung sei sicher richtig, sagt Daniel Theis von der SRF-Wissenschaftsredaktion zur angepassten Impfempfehlung des Bundes. Denn bei den unter 65-Jährigen sei der Nutzen einer weiteren Impfung im Moment zu gering.
Die Alterslimite von 80 Jahren hätte man laut Theis aber auch bei 70 oder 75 Jahren setzen können wie in anderen Ländern. Denn Studien zeigten, dass auch diese Altersgruppen noch profitierten und einen besseren Schutz vor schwerer Krankheit hätten. Trotzdem gelte: «Je jünger eine Person ist, desto weniger lohnt sich im Moment eine vierte Impfung.»
Trotzdem gilt: Je jünger eine Person ist, desto weniger lohnt sich im Moment eine vierte Impfung.
Im Herbst können sich dann alle ab Alter 16 zum vierten Mal impfen lassen, die das wollen. Zugleich sieht das BAG im Herbst ein nur geringes Risiko für eine schwere Erkrankung. Die unter 65-Jährigen hätten dank der grossen Grundimmunität tatsächlich nur noch ein sehr kleines Risiko, schwer zu erkranken und ins Spital zu müssen, sagt Theis dazu.
Das könne sich mit neuen Varianten zwar wieder ändern. Allerdings sei die Lage heute deutlich anders als in der letzten Spätsommerwelle nach den Sommerferien. Entsprechend betone das BAG den geringen Nutzen für jüngere Menschen. Das zeige auch, dass die Corona-Impfung immer mehr wie die jährliche Grippe-Impfung eingesetzt werde, so Theis.
Unklar, wie viel vom neuen Impfstoff es geben wird
Wenn im Herbst ein angepasster Impfstoff verfügbar ist und dieser sich klar als das bessere Produkt erweist, ist laut Theis die Verabreichung der alten Impfstoffe nur noch angebracht, wenn es zu wenig vom neuen Impfstoff hat. Das sei durchaus ein mögliches Szenario, wenn die ganze Nordhalbkugel in den Winter gehe und alle den Impfstoff gleichzeitig haben möchten.
Zugleich sei die generelle Nachfrage in den Industrieländern deutlich tiefer als auch schon und werde es wohl bleiben, schätzt Theis. Entsprechend lasse sich jetzt noch kaum abschätzen, wie viel neuer Impfstoff tatsächlich verfügbar sein werde: «Aber auch die jetzigen Impfstoffe wären dann allenfalls eine valable Variante, denn sie wirken und schützen vor schweren Verläufen auch bei den Omikron-Varianten.»
Eine Skizze, die plausibel klingt – aus heutiger Sicht
Sollte man nicht einfach zuwarten, bis der spezielle Impfstoff gegen Omikron kommt? Laut Theis hängt dies letztlich auch etwas von den Varianten ab, die noch kommen und wie sie sich weiterentwickeln. Diese Frage sei offen und es sei durchaus möglich, dass wieder kranker machende Varianten als Omikron auftauchten. Möglicherweise bleibe es aber im ähnlichen Rahmen.
Auch in der aktuellen Sommerwelle kommen die heutigen Empfehlungen eher später als früher.
Das BAG habe nun eine grobe Skizze präsentiert, die aus heutiger Sicht durchaus plausibel klinge, stellt Theis in Bezug auf eine mögliche Welle im Herbst und die Vorbereitungen der Behörden zusammenfassend fest. Dazu das Versprechen, rechtzeitig zu schauen, was man im Herbst konkret empfehlen werde.
Das klinge proaktiv und sei wohl aus gutem Grund so nach den wiederholten Vorwürfen, zu spät reagiert zu haben: «Aber auch in der aktuellen Sommerwelle kommen die heutigen Empfehlungen eher später als früher», bemerkt Theis.