Wie ein Banker sieht Ruedi Meister im roten Poloshirt nicht aus. Seit 25 Jahren führt er aber eine Bank – gleich neben seinem Dorfladen im solothurnischen Messen. Wenn im Laden die Türglocke der Bank schrillt, huscht Meister durch eine Tür vom Denner in die Geschäftsstelle der Spar- und Leihkasse Bucheggberg SLB. Ende Jahr wird der Bucheggberger Banker aber pensioniert und der wahrscheinlich persönlichste Bankschalter der Region geschlossen.
Die Geschäftsstelle in Messen werde wegen veränderter Kundenbedürfnisse zugemacht, schreibt die Spar- und Leihkasse Bucheggberg in ihrer Mitteilung. Man schliesse schweren Herzens die einzige Geschäftsstelle neben dem Hauptsitz in Lüterswil.
Es kämen immer weniger Kundinnen und Kunden an den Schalter, um etwa Bargeld abzuheben, meint Ruedi Meister. 30 bis 40 Mal täglich wechsle er heute vom Laden in die Bank. Bei seinem Beginn vor 25 Jahren sei er jeweils rund 100 Mal an den Bankschalter gerufen worden.
Persönlich und ohne Krawatte
Seine Kundschaft schätzt den ungezwungenen Kontakt mit dem Banker im Denner-Shirt. Er komme selber auch in den Arbeitskleidern an den Schalter, meint ein Kunde, der bei Ruedi Meister eine alte Banknote umtauscht. Hier sei es persönlicher als bei einem Banker mit Krawatte.
Auch eine ältere Dame bedauert die Schliessung der Geschäftsstelle. Sie hebt gleich 6000 Franken von ihrem Konto ab. Das Geld müsse bis im Frühling reichen. Erst wenn der Schnee wieder weg sei, könne sie mit dem Velo über den Hügel zum Hauptsitz der Bank fahren. In Messen gibt es zwar weiterhin einen Bankomaten, Geld mit der Karte abheben sei aber nichts für sie, so die Seniorin.
Ruedi Meister kennt seine Kundschaft aus dem ländlichen solothurnisch-bernischen Grenzgebiet meist persönlich. Und diese schätzt einen kurzen ungezwungenen Schwatz mit dem Chef der Bank und des Dorfladens. Seit 1944 existiert die Niederlassung der SLB in Messen. Bis zum Umbau 1992 seien Bank und Laden noch enger verknüpft gewesen als heute, berichtet Meister lachend: «Vorher gab es einen Wildwest-Schalter mit einem offenen Tresor. Mein Schwiegervater erzählte mir, dass die Leute im Laden Teigwaren eingekauft hätten und er nebenan Tausendernoten gezählt habe.»
Im Frühling wird Ruedi Meister auch als Laden-Besitzer in Pension gehen und seinen Dorfladen in neue Hände übergeben. Den persönlichen Kontakt mit der Kundschaft werde er vermissen, sagt der bald 63-Jährige. Bis Silvester ertönt die Türglocke der Bank aber noch ein paar Mal. Und der Banker im Polohemd wird durch die Tür zwischen Pommes-Chips und Güetzi aus dem Laden in die Bank wechseln.