Die Schweizer Bankiervereinigung zieht Konsequenzen aus dem Krieg. Die Gazprombank ist Mitglied der Bankiervereinigung – noch, wie deren Geschäftsführer Jörg Gasser der «Rundschau» erklärt.
SRF News: Ein sehr renommierter Geldwäschereiexperte sagt uns: Einige Schweizer Banken hätten sich auf reiche Russen gestürzt – quasi als Ersatzgeschäft für das Geschäft mit deutschen Steuerhinterziehern, das nicht mehr geht.
Jörg Gasser: Nein, das stimmt so nicht. Der Neugeldzufluss von russischen Bürgern ist über die vergangenen Jahre seit der Einführung des automatischen Informationsaustausches immer etwa gleich geblieben.
Es wäre extrem riskant, wenn eine Bank noch neue Geschäfte abgeschlossen hätte. Aber das ist die Verantwortung der Bank; und für das muss sie geradestehen.
Sie sagen, man hat bei den Schweizer Banken keine Sünden gemacht?
Ich kann die Hand nicht für jede einzelne Bank ins Feuer legen. Fakt ist, dass die Sorgfaltspflichten und die Geldwäschereigesetzgebung in der Schweiz sehr streng sind und dass wir die internationalen Standards einhalten. Damit ist das Risiko, dass solche Sünden geschehen sind, sehr klein. Wenn sie passieren, dann müssen sie sich vor der Justiz rechtfertigen.
Die Schweiz hat die Sanktionen der EU, also Vermögenssperren gegen inzwischen über 600 Russinnen und Russen, mit mehreren Tagen Verspätung übernommen. Können Sie garantieren, was im Moment alle Schweizer Banken sagen, nämlich dass in dieser Zeit nicht 1 Franken von diesen Russen abgezogen worden ist?
Die grossen, international tätigen Banken haben sich bereits von Beginn an an die Sanktionsregelungen der EU und Grossbritannien gehalten. Jetzt sind die Sanktionen von der Schweiz übernommen worden. Damit halten sich sämtliche Banken an die Regelungen. Es wäre natürlich extrem riskant, wenn eine Bank in dieser kurzen Zeit noch neue Geschäfte abgeschlossen hätte. Aber das ist die Verantwortung der Bank; und für das muss sie geradestehen.
Können Sie garantieren, dass in dieser Zeit kein Franken von den Russinnen und Russen abgezogen worden ist?
Nein, ich kann das nicht garantieren, weil ich keinen Einblick in die einzelnen Geschäfte aller Banken in der Schweiz habe.
Der Bundesrat muss entscheiden, ob er den Rohstoffhandel sanktionieren will oder nicht.
Sie reden hier auch für die Gazprombank Schweiz, ein Mitglied der Bankiervereinigung. Es ist eine Bank aus dem innersten Zirkel von Präsident Putin, die erwiesenermassen auch schon in der Schweiz Gelder aus dem Zirkel illegal verschoben hat. Warum dulden Sie so ein Mitglied in Ihren Reihen?
Wir sind im Gespräch mit dieser Bank und werden diesbezüglich sicher einen Entscheid fällen. Was man auch sagen muss: Wir sind zwar dazu da, die Interessen der Banken zu vertreten. Aber es ist auch offensichtlich und logisch, dass wir nicht die Interessen der Gazprombank gegenüber den Schweizer Behörden vertreten, sondern in erster Linie die Interessen der Schweizer Banken in der Schweiz.
Sie möchten die Bank also eher nicht mehr in Ihren Reihen?
Das ist kein Entscheid, den ich persönlich fälle, sondern der Verwaltungsrat. Im Moment spricht einiges dafür, dass man sie nicht mehr in der Bankiervereinigung haben will.
Sie könnten hier Verantwortung übernehmen. Es besteht ja der Verdacht, dass Russland den Krieg unter anderem mit den Milliarden aus diesem Rohstoff-Geschäft finanziert.
Ich könnte schon Verantwortung übernehmen, aber wahrscheinlich würde das verhallen. Denn ich bin der Geschäftsführer der Bankiervereinigung – ich rede nicht für die ganze Branche und schon gar nicht rede ich für den Bundesrat. Der Bundesrat muss entscheiden, ob er den Rohstoffhandel sanktionieren will oder nicht.
Das Gespräch führte Dominik Meier.