Beleidigungen oder gar Drohungen gegen Kantonsmitarbeiter sind keine Seltenheit. Gerhard Kuhn, der Leiter des Basler Betreibungsamts, kann davon ein Lied singen. Aus diesem Grund hat seine Amtsstelle schon vor ein paar Jahren damit begonnen, die Telefongespräche mit Bürgerinnen und Bürgern aufzuzeichnen. «Es gab immer wieder unschöne Vorfälle. Das Fass zum Überlaufen brachte eine Todesdrohung gegen einen Mitarbeiter. Da wussten wir, dass wir etwas unternehmen müssen», erzählt Kuhn.
Das Fass zum Überlaufen brachte eine Todesdrohung gegen einen Mitarbeiter.
Mit der Aufzeichnung der Telefongespräche erhoffte sich das Betreibungsamt, dass man im Fall von Drohungen Beweismaterial in der Hand hat. Die Aufzeichnungen, die jeweils vor dem Gespräch automatisch angekündigt werden, hatten einen für die Beamten angenehmen Nebeneffekt: Die Beschimpfungen am Telefon gingen schlagartig zurück. «In den letzten zwei, drei Jahren hatten wir keine Fälle mehr», bilanziert Kuhn.
Dies hat sich in der Basler Verwaltung offenbar herumgesprochen. Beim Basler Datenschützer Beat Rudin häufen sich nämlich die Anfragen von Amtsstellen, die ihre Telefone ebenfalls aufzeichnen lassen wollen und sich so einen Rückgang der Beschimpfungen und Drohungen erhoffen. «Wir erhalten vermehrt Anfagen. Es gibt auch Meldungen, dass der Inhalt der Beschimpfungen schlimmer wurde», bestätigt Rudin.
Der Blick auf die Statistik zeigt, dass die Anzahl der Fälle von Gewalt und Drohung gegen Beamte in Basel-Stadt in den letzten Jahren tatsächlich zugenommen hat, wobei nicht explizit ersichtlich ist, wie viele dieser Fälle auf Drohungen am Telefon zurückzuführen sind.
Der Basler Datenschützer betont, dass nicht jede Amtsstelle ihre Telefone aufzeichnen darf. Entsprechende Anfragen, die in letzter Zeit vermehrt an ihn gestellt wurden, würden jeweils sorgfältig geprüft, auch weil mit einer solchen Aufnahme die Bürgerinnen und Bürger ein Stück weit überwacht werden.
Rudin rät den Amtsstellen bei solchen Anfragen, dass diese eine Liste machen mit der Anzahl der Vorfälle und dem Inhalt der Drohungen am Telefon. Falls diese dann effektiv zugenommen haben, müssten Regierung und Parlament zuerst eine entsprechende gesetzliche Grundlage schaffen. Mit dieser soll dann auch geklärt werden, wann die Aufnahmen wieder gelöscht werden. Geklärt werden soll aber auch, wie die Verwaltung garantieren kann, dass Bürger mit einer Amtsstelle in Kontakt treten können, wenn diese ihr Gespräch nicht aufzeichnen lassen wollen.
Für Datenschützer Rudin ist klar, dass es keine flächendeckende Einführung in der Basler Verwaltung geben darf. Dies fördere das Misstrauen gegenüber Amtsstellen. «Es kann nicht sein, dass jeder am Telefon als potenzieller Wutbürger angesehen wird.» Viel eher sollten auf der anderen Seite die Kantonsangestellten geschult werden im richtigen Umgang mit Drohungen am Telefon. «Eine Aufzeichnung der Telefongespräche ist ein letztes Mittel, falls es keine bessere Lösung gibt», sagt Rudin.
Verhältnismässigkeit muss gewahrt werden
Eine ähnlich kritische Haltung hat auch der Datenschutzbeauftragte des Kantons Zürich. Dort stellt man jedoch keine Zunahme der Anfragen wie in Basel fest. Allerdings erhebe man diese Zahlen auch nicht, hiess es auf Anfrage. Wichtig sei bei einer allfälligen Überwachung die Verhältnismässigkeit, betont Hans Peter Waltisberg, Mediensprecher des Zürcher Datenschutzbeauftragten.