Lange war es still um das Projekt einer grossen alpinen Solaranlage auf dem Berninapass. Doch hinter den Kulissen wurde daran gearbeitet. Heute Mittwoch reichen die neuen Initianten das Baugesuch ein. Was auffällt: Das Projekt, das für 5000 Haushalte Strom liefern soll, kommt nun massiv kleiner daher als ursprünglich angekündigt.
Die erste Variante war noch viermal so gross. Damit hätte die Solaranlage aber möglicherweise die Bahnstrecke Albula-Bernina, welche wegen der Bautechnik und der Linienführung seit 16 Jahren zum Unesco-Welterbe gehört, gefährdet. Diesen Konflikt wollte man vermeiden, erklärt Initiant und Projektleiter Michael Jörg.
Dieser Standort ist unserer Meinung nach schlicht ungeeignet.
Darum haben die Initianten die ganze Anlage deutlich verkleinert. Gleichzeitig seien auch die Anliegen von Umweltschutzorganisationen berücksichtigt worden, so Jörg: «Insbesondere jener Teil des Baurechtsperimeters, der am weitesten weg von der bestehenden Infrastruktur ist, ist für Natur um Umwelt am heikelsten. Diesen haben wir weggenommen.»
Aber: Selbst das redimensionierte Projekt stösst bei Umweltschutzorganisationen auf Ablehnung. Armando Lenz, Geschäftsführer von Pro Natura Graubünden, sagt: «Dieser Standort ist unserer Meinung nach schlicht ungeeignet. Er ist eingequetscht zwischen Schutzgebieten. Dort soll einfach keine Freiflächenanlage hinkommen.»
Das Gebiet sei nicht unberührt, argumentieren die Initianten der Solaranlage. Einst standen auf dem vorgesehenen Gelände drei Skilifte und es gäbe ehemalige Armeeanlagen. Armando Lenz von Pro Natura Graubünden entgegnet: «Da hat es nichts. Vor Jahrzehnten gab es ein Skigebiet, das zurückgebaut wurde. Diese Landschaft würde ich weiterhin als unberührt bezeichnen.»
Auch der WWF äusserte sich bereits kritisch zum Standort, will jetzt aber erst die Unterlagen zum veränderten Projekt prüfen. Nun liegt es zunächst an den kantonalen Ämtern, das Projekt zu beurteilen.
Die betroffene Gemeinde Poschiavo hatte der alpinen Solaranlage bereits im vergangenen August in einer Abstimmung zugestimmt. Dieser Entscheid gelte auch für dieses verkleinerte Projekt, bestätigt die Gemeinde auf Anfrage von Radio SRF.
Das Ja gelte auch für den Pachtvertrag, in welchem festgehalten ist, dass die Betreiber der Gemeinde jährlich mindestens 600'000 Franken Pachtzins zahlen müssen. Diesen Vertrag werde man selbstverständlich einhalten, sagt Projektleiter Michael Jörg: «Wir haben das Ziel, den Vertrag zu erfüllen.»
Projekt soll trotz Pachtzins rentabel sein
Gleichzeitig gesteht Jörg ein: «Diese 600'000 Franken müssen wir stemmen. Dies hat einen Einfluss auf die Wirtschaftlichkeit des Projekts. Wir Projektentwickler haben immer gewusst, dass sich solche Projekte auch punkto Wirtschaftlichkeit in einem Grenzbereich bewegen.»
Trotzdem: Das Projekt soll rentabel sein. Letztlich wollen die neuen Eigentümer – fünf Privatpersonen aus dem Kanton Bern sind am Vorhaben beteiligt – Geld verdienen. Diese Gruppe wollte bereits in der Gemeinde Saanen im Berner Oberland eine alpine Solaranlage realisieren. Allerdings wurde dieses Projekt an der Gemeindeversammlung abgelehnt.