Post von der Steuerbehörde erhält niemand gern. Mehrere hunderttausend Menschen in der Schweiz dürften jedes Jahr sogar mehrfach Post von den Steuerbehörden erhalten. Gemäss einer Studie des Büros Ecoplan erhielten 2014 in Basel-Stadt über 10'000 Personen eine Betreibung wegen Steuerschulden, schweizweit waren es über 420'000 Personen. Die tatsächliche Zahl dürfte noch bedeutend höher liegen, da sieben Kantone – darunter der grosse Kanton Waadt – keine Informationen lieferten.
Eine Lösung für dieses Problem sieht der Basler SP-Grossrat Rudolf Rechsteiner im automatischen Abzug der Steuern vom Lohn. Er lancierte darum eine Motion mit dieser Forderung.
10 Prozent werden abgezogen
«Wir haben 10'000 Haushalte im Kanton Basel-Stadt, die unter Steuerbetreibungen leiden. Jedes Jahr. Es gibt eine Bevölkerungsgruppe, die nicht in der Lage ist, von sich aus Vorauszahlungen zu leisten. Und denen wollen wir helfen mit einem Direktabzug», ist Rechsteiner überzeugt.
Am Mittwoch kommt die entsprechende Gesetzesänderung ins Basler Parlament. Sagt die Mehrheit Ja, sind Unternehmen mit mindestens zehn Mitarbeitenden mit Sitz in Basel verpflichtet, ihren Angestellten 10 Prozent des Lohns direkt abzuziehen und den Steuerbehörden zu überweisen. Die Mitarbeitenden haben allerdings die Möglichkeit, auf diesen direkten Steuerabzug zu verzichten.
Äusserst umstritten
Während die Basler Initianten hoffen, zum Vorbild für die ganze Schweiz zu werden, befürchten die Wirtschaftsverbände einen Dammbruch. Sie wehren sich dezidiert gegen den automatischen Steuerabzug und sehen das Prinzip der Eigenverantwortung in Gefahr und sprechen von Entmündigung.
«Das ist ein erster Schritt zur Entmündigung der Arbeitnehmenden. Am Schluss kriegen sie noch ein Sackgeld. Man zieht ihnen noch die Krankenkassen und Versicherungsprämien ab», befürchtet Valentin Vogt, Präsident des Schweizerischer Arbeitgeberverband.
Referendum angekündigt
Die Vorlage spaltete auch die Wirtschafts- und Abgabekommission des Basler Grossen Rats (WAK) in der Vorberatung. Sieben rot-grüne Parlamentarier sagten Ja, sechs bürgerliche sagten Nein.
Der Entscheid des Grossen Rates dürfte knapp ausfallen und in der ganzen Schweiz mit Interesse zur Kenntnis genommen werden. Sagt das Parlament Ja, werden bürgerliche Parteien und die Wirtschaftsverbände das Referendum ergreifen. Das Volk hätte also das letzte Wort.