In zwei Wochen steht die Abstimmung über die EU-Waffenrichtlinie an. Die Diskussion geht dabei weit über Waffen hinaus – sie dreht sich um die Frage, ob die Schweiz sich bei einem Nein aus dem Schengenraum verabschieden würde. Schengen und Dublin, diese beiden Abkommen regeln die europäische Zusammenarbeit in Sicherheits- und Asylfragen.
90 Prozent sind Dublinfälle
Im Asylzentrum Embrach sind die Leute untergebracht, die die Schweiz verlassen müssen. Die allermeisten Bewohner hätten schon in einem anderen europäischen Land Asyl beantragt, sagt Lukas Rieder, Sprecher des Staatssekretariats für Migration. Wegen des Dublin-Abkommens haben sie kein Recht, in der Schweiz Asyl zu stellen. Über 90 Prozent der Fälle sind so genannte Dublinfälle. Und was, wenn die Schweiz aus Dublin rausfliegen würde?
Laut Rieder gäbe es drei Konsequenzen:
- Die Schweiz müsste mehr Asylverfahren bearbeiten. Im letzten Jahr gab es über 7000 Fälle, in denen Europa zuständig war.
- Es würde auch mehr Asylgesuche geben. Denn es würde sich herumsprechen, dass die Schweiz der einzige Staat ist, in dem man ein zweites Asylgesuch stellen kann. Auch die Rückführung wäre schwieriger.
- Schliesslich würde der Aufwand für die Steuerzahler steigen.
Die Schweiz profitiere im Asylbereich stark vom Dublin-Abkommen, sagt auch der Bundesrat. Bei einem Nein zur EU-Waffenrichtlinie könnte die Schweiz ihre Mitgliedschaft im Dublin-Verbund verlieren, wegen eines vertraglich vereinbarten Automatismus.
Wie bei jeder Abstimmung gibt es Befürworter und Gegner. In diesem Fall ist zum Beispiel CVP-Nationalrätin Ida Glanzmann Befürworterin der EU-Waffenrichtlinie. Und SVP-Nationalrat Werner Salzmann ein Gegner.
Würde die Schweiz im schlimmsten Fall rausfliegen, dann würde laut Salzmann die Schweiz ihre Grenzen wieder kontrollieren und selber entscheiden, wer in die Schweiz kommt und ein Asylgesuch stellt, so der SVP-Nationalrat Salzmann. «Ja, man könnte das System verbessern. Aber wir konnten immerhin die Hälfte zurückschicken», argumentiert Ida Glanzmann.
Bei einem Nein zur EU-Waffenrichtlinie wäre nicht nur das Dublin-Abkommen gefährdet, sagt der Bundesrat, sondern auch Schengen. Das Schengen-Herzstück ist in Bern: Die Zentrale des Schengener Informations-Systems zur europaweiten Verbrechens-Bekämpfung.
Ohne Daten wäre die Schweiz blind
Im Sirenenbüro sieht man alle Fahndungen mit Schweiz-Bezug. 30 Bundespolizisten arbeiten hier rund um die Uhr. Im Schnitt jede halbe Stunde gibt es einen Alarm mit einem Schweiz-Bezug.
Wäre das wirklich ein Problem, wenn wir da rausfliegen würden? «Schengen hat die Polizeiarbeit in Europa revolutioniert. Ohne diese Daten wären wir blind.»
Die Schweiz als weisser Fleck?
Dass die Schweiz nicht mehr am Schenger Informationssystem teilnehmen könnte, glaubt der SVP-Vertreter Salzmann aber nicht. «Es ist nicht im Interesse der EU, dass wir keinen Datenaustausch mehr machen, sonst werden wir zum weissen Fleck. Zur Terrorinsel Schweiz. Die EU will auch nicht, dass wir Grenzkontrollen machen.» Und die EU verzichte auch nicht gerne auf Millionen-Beträge aus der Schweiz.
Anderer Meinung ist CVP-Vertreterin Ida Glanzmann: «Es ist ein Automatismus, der in diesem bilateralen Vertrag vorgesehen ist. Wenn wir unser Waffenrecht ablehnen, tritt dieser Automatismus in Kraft.»
Schengen zur Kriminalitäts-Bekämpfung ist politisch kaum umstritten. Dublin zur europaweiten Steuerung der Asylanträge schon eher. Doch umstritten bleibt, ob die Schweiz bei einem Nein zur EU-Waffenrichtlinie wirklich aus beiden Abkommen ausgeschlossen würde.