Menschen mit einer Transidentität und Menschen mit einer Variante der Geschlechtsentwicklung sollen ihr Geschlecht und den Vornamen im Personenstandsregister unbürokratisch ändern lassen können. Nach dem Ständerat unterstützt nun auch der Nationalrat diesen Vorschlag. Der Nationalrat hiess die entsprechende Anpassung des Zivilgesetzbuches gut.
Künftig sollen Personen, die innerlich fest davon überzeugt sind, das Geschlecht und den Vornamen wechseln zu wollen, mit einer Erklärung gegenüber dem Zivilstandsamt eine Änderung des Eintrags bewirken können.
Diesen Schritt macht niemand aus einer Tageslust heraus.
Anträge für die Möglichkeit, nur schriftlich erklären zu können, den Eintrag ändern zu wollen, lehnte der Rat ab. Die Antragstellenden müssen persönlich vorsprechen. Ob Minderjährige die Zustimmung der Eltern oder des gesetzlichen Vertreters brauchen, ist noch offen.
SVP scheitert mit Nichteintretensantrag
Die Vorlage führte zu einer grossen gesellschaftspolitischen Debatte und über Menschenbilder. Hans-Ueli Vogt (SVP/ZH) sprach von einem Angriff auf die «toxische Männlichkeit». Letztlich gehe es den Befürwortern um die Aufhebung der Geschlechter respektive die Öffnung der Tür für ein drittes Geschlecht. Die SVP beantragte deshalb Nichteintreten, was der Rat aber deutlich ablehnte.
Tamara Funiciello (SP/BE) dagegen meinte, es könne doch nicht sein, dass eine betroffene Person, die im falschen Körper stecke, bei der Ausweiskontrolle im Bus «über ihr Geschlechtsteil sprechen muss», weil auf dem Ausweis etwas stehe, was mit der äusserlichen Erscheinung nicht übereinstimme. Eine Vereinfachung sei dringend nötig.
Missbrauchsbefürchtungen aus den Reihen der CVP begegnete Justizministerin Karin Keller-Sutter mit der Feststellung, die Änderung stelle den Abschluss eines langwierigen schmerzhaften Prozesses dar, nicht den Anfang. «Diesen Schritt macht niemand aus einer Tageslust heraus», ergänzte Beat Flach (GLP/AG). Niemand verliere durch diese Änderung etwas.
Betroffenen das Leben erleichtern
Mit dem einfachen Eintrag im Personenregister wolle der Bundesrat den Betroffenen das Leben erleichtern, sagte Keller-Sutter. Gegenwärtig definierten die Gerichte, was im Einzelfall gelte, die aktuelle Handhabung sei uneinheitlich, langwierig und teuer.
Bis vor wenigen Jahren war die Änderung des Geschlechtseintrages erst nach einer chirurgischen Sterilisation und einer operativen Geschlechtsumwandlung möglich. Das ist heute zwar nicht mehr Bedingung. Da es aber keine klare gesetzliche Regelung gibt, müssen Transmenschen weiterhin grosse Hürden überwinden.
Eine Änderung im Personenstandsregister hat keinen Einfluss auf eine bestehende Ehe oder registrierte Partnerschaft. Auch Eltern-Kind-Verhältnisse bleiben unverändert.
Es bleibt eine Differenz zwischen den Kammern. Die Vorlage geht zurück an den Ständerat. Noch geklärt werden muss die Frage, ob bei Minderjährigen für die Änderung die Zustimmung der Eltern oder der gesetzlichen Vertreter erforderlich ist.