Bei der Meldung könnte einem die Vorfreude auf die nächste Flugreise glatt vergehen: Ein Airbus der Swiss von Dar es Salaam kommend befindet sich im Landeanflug auf Zürich. Alles läuft soweit normal. Doch dann zieht ein Funkspruch die Aufmerksamkeit der Piloten auf sich: Die Besatzung eines vorausfliegenden Flugzeugs meldet, dass eine Drohne in Flughöhe unterwegs ist.
Die Swiss-Piloten halten Ausschau und sehen für kurze Zeit einen Multikopter von einem Meter Durchmesser. Für ein Ausweichmanöver ist es zu spät. Der Airbus mit 185 Passagieren und zwölf Crewmitgliedern fliegt mit einem geschätzten Abstand von zehn Metern an der Drohne vorbei und landet schliesslich sicher in Kloten.
Auch wenn alles glimpflich ausging, hinterlassen die Geschehnisse vom Mai dieses Jahres ein mulmiges Gefühl. Die Schweizerische Sicherheitsuntersuchungsstelle (Sust) stuft die Beinahe-Kollision denn auch als schweren Vorfall ein. Die Sust hält in ihrem Bericht fest, dass Drohnen dieser Grössenordnung beträchtliche Schäden am Triebwerk anrichten und diese sogar in Brand setzen können.
Kollisionen sind sehr selten
«Das war ein sehr krasser Fall», sagt auch Urs Holderegger, Sprecher beim Bundesamt für Zivilluftfahrt (Bazl). Die Drohne sei zwar ausserhalb der Sperrzone für Flugplätze geflogen. Aber bei einer Flughöhe von 1500 Metern steuerte der Pilot seine Drohne ausser Sichtweite. Für solche Flüge braucht es eine spezielle Bewilligung. Wäre der Drohnen-Pilot erwischt worden, hätte er mit harten Konsequenzen rechnen müssen, erklärt Holderegger: «Er hätte es mit der Staatsanwaltschaft zu tun bekommen.»
Zwar handle es sich um einen der schwersten Verstösse eines Drohnen-Piloten in der Schweiz. Doch gemessen an den vielen Drohnen, die in der Luft schweben, passiere sehr wenig, so der Bazl-Sprecher. Die Kollision einer Hobby-Drohne mit einem Flugzeug sei mit Vogelschlag zu vergleichen. Die materiellen Schäden könnten beträchtlich sein. Für eine richtige Katastrophe bräuchte es aber eine unglückliche Kettenreaktion. Fachleute gingen davon aus, dass ein solcher Zusammenstoss nicht zu einem Absturz führe. «Flugpassagiere brauchen also keine Angst zu haben», sagt Holderegger.
Drohnen per App registrieren
Dennoch nimmt man den Drohnen-Boom beim Bazl nicht auf die leichte Schulter. Mit verschiedenen Massnahmen soll die Sicherheit in der Luft verbessert werden. Bis 2019 will die EU einen Luftraum für Drohnen einführen. Der Schweizer Luftüberwacher Skyguide demonstrierte erst kürzlich in Genf die technische Machbarkeit dieses so genannten U-Space.
Damit die Drohnen in diesem U-Space erkannt werden können, müssen sich Käufer künftig mit einer App registrieren. Die Sündenböcke unter den Drohnen-Piloten könnten so schneller erwischt werden. Und wer sich nicht registriere, könne ebenfalls belangt werden, erklärt Holderegger die Vorteile. Das Fernziel seien aber Drohnen, die anderen Flugobjekten automatisch ausweichen. In China seien erste Tests erfolgreich durchgeführt worden.
Führerschein in der Schweiz kein Thema
Sollten – nebst allen technischen Innovationen – nicht auch die Schweizer Drohnen-Freunde besser geschult werden? Zum Vergleich: Deutschland hat am 1. Oktober eine Führerscheinpflicht für Drohnen-Piloten eingeführt. Beim Bazl hält man nicht viel von solchen Massnahmen. Das Risiko von Unfällen sei nach wie vor sehr gering und die bürokratische Belastung wäre zu gross. «Das Bazl müsste extra neue Mitarbeitende einstellen», sagt Urs Holderegger. Und: Schwarze Schafe würden sich auch mit Führerschein falsch verhalten.
Vielmehr setzt man momentan auf Präventionsmassnahmen. Der Vergleich mit anderen Ländern zeige zudem, dass eine strengere Gesetzgebung nicht unbedingt wirksamer sei, heisst es beim Bazl: «Frankreich ist beispielsweise sehr restriktiv. Aber es gibt dort nicht weniger Drohnen-Meldungen als in der Schweiz», so Holderegger.
Und der Bazl-Sprecher sieht noch einen Vorteil in der liberaleren Schweizer Gesetzgebung: Denn im Vergleich zu anderen Ländern floriert die Drohnen-Industrie und die Forschung hierzulande.
Sendebezug: SRF 4 News, 2.10.2017, 19 Uhr