Es gibt eine Quarantänepflicht für Ankömmlinge aus Risikogebieten, Abstandsregeln am Flughafen, eine Maskenpflicht bei der Swiss. Aber wie sieht es eigentlich im Flieger aus?
Im Flugzeug ist es eng, die Passagiere sitzen dicht gedrängt beieinander und der wegen des Coronavirus empfohlene Sicherheitsabstand kann nicht eingehalten werden. Doch Airlines sehen darin kein grosses Problem.
Grundsätzlich ist das Ansteckungsrisiko an Bord nach wie vor gering.
Swiss hebt Lüftung hervor
Oliver Buchhofer, Flugbetriebsleiter bei der Swiss, sagt, das Ansteckungsrisiko im Flugzeug sei minimal: «Grundsätzlich ist das Ansteckungsrisiko an Bord nach wie vor gering, es gibt auch ein Schutzkonzept. Masken sind dabei ein Element. Dazu kommt natürlich die Lüftung an Bord. Sie ist ein wichtiges Element, warum man das Ansteckungsrisiko als gering empfindet.»
An der Hochschule für angewandte Wissenschaften in Hamburg ist man anderer Meinung. Dieter Scholz, Professor für Flugzeugsysteme, erklärt gegenüber dem Wissensmagazin Nano von 3sat die Gefahren des Fliegens: «Im Flugzeug kommen viele Leute zusammen, sie sind dicht beieinander, auf lange Zeit. In dieser Kombination kommt das in keinem öffentlichen Verkehrsmittel vor.»
Wenig Luft für viele Menschen
Tatsächlich atmen im Flugzeug viele Menschen die immer gleiche Luft ein, und die Abstände zum Nachbarn sind klein. Das potenzielle Infektionsrisiko also ist hoch, das Einatmen der Tröpfchen und Aerosole des Nachbars scheint unvermeidbar.
Fluggesellschaften aber verweisen auf die spezielle Lüftung in den Fliegern: Luftaustausch ist das Schlagwort der Flugzeugbetreiber. Deshalb versichern Fluggesellschaften, dass die Qualität der Luft sehr hoch sei, zum Beispiel bei der Lufthansa. Bei der deutschen Gesellschaft ist Kirstin Winter zuständig für die Luftqualität in den Kabinen. Sie erklärt, dass die Luft in den Kabinen eine sehr hohe Qualität habe. «Es ist wichtig zu wissen, dass die Kabinenluft alle drei Minuten komplett ausgetauscht wird.»
Vermischung statt Austausch der Luft
Tatsächlich aber werde die Luft beim Austausch in der Kabine nicht komplett verdrängt, sagt Flugzeug-Systemingenieur Dieter Scholz. Die Ein- und Auslässe für die Luft seien dafür viel zu klein. Man könne deshalb die Kabinenluft nur vermischen. Zudem führe diese Mischbelüftung zwangsläufig zu einer Verwirbelung.
Während Lufthansa und Swiss von einem Luftaustausch alle zwei oder drei Minuten sprechen, dauert der komplette Luftaustausch laut Scholz länger – nämlich bis zu 15 Minuten. Denn bis das ganze Kabinenvolumen gespült sei und alle Teilchen, zum Beispiel Aerosole, ausgewaschen seien, müsse die Luft bis zu fünf Mal ausgetauscht werden.
Verbleiben Viren zu lange in der Kabine?
Mögliche Viren könnten sich also länger in der Kabinenluft halten und sich durch Verwirbelungen ausbreiten. Dieter Scholz ist überzeugt, dass ein hohes Ansteckungsrisiko besteht, entweder durch den Sitz-Nachbarn, durch den Austausch über die Klimaanlage innerhalb einer Sitzreihe, oder durch Aerosole, die sich über die ganze Länge der Kabine verteilen.
Darauf, dass Aerosole sich verteilen können, weist auch die Strömungsberechnung der US-amerikanischen Purdue University hin. 2003 hat ein Sars-Infizierter in einem untersuchten Fall in drei Stunden 20 Menschen angesteckt – und das verteilt über zwölf Sitzreihen.
Beim Fliegen in Zeiten von Corona ist klar: Das Ansteckungsrisiko fliegt mit.