SRF News: In Bondo kam es zu einem Felssturz, Teile des Piz Cengalo haben sich gelöst. War der Piz Cengalo bekannt als Risikogebiet?
Hugo Raetzo: Es ist ein Gebiet, das uns bekannt war, weil es in den letzten fünf Jahren dort schon Bergabbrüche gegeben hat.
Wo liegt die Ursache für diesen Abbruch?
Es handelt sich beim Piz Cengalo um Permafrost-Gebiet. Da taut der Boden auf. Deswegen können diese Bergpartien instabil werden.
Beim Gelmersee im Grimselgebiet gab es letztes Wochenende schon einen Felssturz. Muss der Bund seine Prognosen anpassen und die Überwachung verstärken?
Der Bund intensiviert seine Überwachung. Zusammen mit den Kantonen sind Anstrengungen im Gang. Wir unterstützen auch Forschungs- und Entwicklungsprojekte in dem Bereich, zum Beispiel mit der ETH. Zudem haben wir ein Satellitenüberwachungsprogramm eingeführt.
Wie muss man sich diese Satellitenüberwachung vorstellen?
In Abständen von wenigen Tagen kreisen Satelliten um die Erde und machen Aufnahmen von den Berggebieten. Wir werten dann die Radarwellen aus und erkennen so Bodenbewegungen. So erstellen wir die Karte, auf der man sieht, wo sich ein Bergsturzgebiet abzeichnet. Es kann aber nicht alles vorzeitig erkannt werden, so war es auch beim Piz Cengalo.
Wer übernimmt die Entscheidung, ob ein Gebiet geräumt wird?
Die Entscheidung wird mit allen Beteiligten getroffen. Wer dort wohnt, steht im Zentrum. Die Anwohner suchen eine Lösung mit der Gemeinde, Kanton und Bund unterstützen sie dabei. Die Entscheidung liegt aber schlussendlich nicht bei einer einzelnen Person.
Ihr Haus aufzugeben, fällt sicher vielen Bewohnern schwer.
Absolut. Die Bewohner sind, besonders in der Schweiz, häufig an einen Ort gebunden. Es ist ein Gefühl von Heimat. Der Boden hat natürlich auch einen Wert. In diesem Sinne ist es in der Regel ganz schwierig, grössere Gebiete oder ganze Dörfer umzusiedeln.
Das Gespräch führte Ivana Pribakovic.