- Fast die Hälfte der befragten Armeeangehörigen hat während ihrer Laufbahn geschlechtsspezifische Diskriminierung und sexualisierte Gewalt erlebt.
- Das zeigt eine Studie im Auftrag des Bundes.
- Die Armeeführung ergreift deshalb Massnahmen.
An der freiwilligen und anonymen Umfrage, die Anfang 2023 durchgeführt wurde, haben 1126 Angehörige der Armee teilgenommen (764 Frauen und 362 Männer). Die Teilnehmenden wurden zu ihrer Betroffenheit und Erfahrungen während ihrer ganzen Dienstzeit ab Ende Rekrutenschule befragt.
Am häufigsten verbreitet seien verbale Angriffe, so der Bericht der Armee. Darunter seien etwa sexistische oder homophobe Sprüche oder Witze. Solche hätten rund 80 Prozent der Armeeangehörigen erlebt.
40 Prozent der Befragten sprechen von sexualisierter Gewalt
Die Ergebnisse zeigen unter vielem anderen, dass von den Befragten knapp 50 Prozent von Diskriminierung betroffen waren. Von den Befragten haben 40 Prozent angegeben, sexualisierte Gewalt (verbal, nonverbal und körperlich) erlebt zu haben. 81 Prozent der Befragten gaben an – selten bis sehr oft – sexistische Bemerkungen und Witze im Dienst erlebt zu haben.
Zusammenfassung Studienbericht
Die Armee selbst spricht von Handlungsbedarf und bekennt sich demnach zur Nulltoleranzstrategie von 2023 sowie der sogenannten Diversity-Strategie. Um diese durchzusetzen, ergreife die Armee nun zusätzliche Massnahmen.
Ich habe die Verpflichtung, zu handeln.
«Die Resultate der Studie haben mich erschreckt», so Korpskommandant Thomas Süssli an einer Medienkonferenz in Bern. Als Chef der Armee müsse er nun genau hinschauen. Es habe sich gezeigt, dass die bereits eingeleiteten Massnahmen nicht ausreichen. «Ich habe die Verpflichtung, zu handeln.»
Anonymes Meldetool und weitere Sensibilisierungsarbeit geplant
Die Armee hat aufgrund der neuen Resultate sechs Handlungsfelder mit insgesamt 16 Massnahmen definiert. Dazu gehören etwa ein Reporting von Disziplinarfällen aufgrund von Diskriminierung und sexualisierter Gewalt, eine Arbeitsgruppe für den Opferschutz und die Einführung eines anonymen Meldetools. «Prozesse im Melde- und Verfahrenswesen sollen schneller, niederschwelliger und einfacher werden», hiess es.
Zudem sollen Mitglieder aller Stufen der Armee verstärkt auf das Thema Diskriminierung sensibilisiert werden. Geplant ist eine Selbstverpflichtung durch einen Kodex und eine Austauschplattform für Armeekader. Ferner sollen Handbücher und Merkblätter erstellt oder überarbeitet, Konfliktbewältigung trainiert sowie Fach- und Betreuungsdienste weitergebildet werden. Eine neue Fachgruppe im Bereich Sexualdelikte soll die Zusammenarbeit der Armee mit der Militärjustiz verstärken.
Unsere Milizarmee wird dadurch im Einsatz gestärkt.
Mit diesen Schritten will die Armee laut Bericht «den Schutz der Armeeangehörigen stärken und den bereits eingeleiteten Kulturwandel in der Armee beschleunigen». Korpskommandant Hans-Peter Walser, Chef Kommando Ausbildung, sagt an der Medienkonferenz zudem: «Unsere Milizarmee wird dadurch im Einsatz gestärkt.» Der Chef der Armee, Thomas Süssli, fügt am Schluss hinzu: «Wer nicht bereit ist, diesen Weg mit uns zu gehen, der muss persönlich die Konsequenzen tragen.»
Eine Zwischenevaluation der zusätzlichen Massnahmen ist im zweiten Halbjahr 2026 geplant. Die Armee will 2027 erneut eine Befragung zu Diskriminierung und sexualisierter Gewalt durchführen. Dabei soll gemessen werden, wie wirkungsvoll die Massnahmen waren.