Es ist inzwischen zu einer politischen Glaubensfrage geworden: Bekommt die Schweiz die 36 F-35A zu einem fest vereinbarten Preis oder nicht?
Vor 10 Tagen veröffentlichte die eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) ihren Bericht zum Risikomanagement beim Programm «Air 2030». Das ist das Projekt, das unter anderem die Beschaffung von 36 F-35-Kampfjets vorsieht. Die Finanzkontrolleure des Bundes – sie hatten Einblick in die Verträge – kamen zum Schluss, dass es «keine absolute Rechtssicherheit» gebe bezüglich «eines Festpreises im Sinne eines Pauschalpreises nach schweizerischem Recht».
Gab es auch beim VBS Zweifel?
Das Verteidigungsdepartement reagierte ungewöhnlich scharf auf diese Feststellung. Das VBS kritisierte die Finanzkontrolle, sie gefährde mit dieser Aussage die Interessen der Schweiz erheblich. Als Beweis, dass es eben doch Festpreise gebe, verwies das VBS auf eine ausgehandelte Vertragsklausel und eine mit den USA gemeinsam unterschriebene Erklärung, die beide «den Festpreischarakter festhalten».
Es scheint fast, dass es zu einem gewissen Zeitpunkt auch im VBS Zweifel gab, ob es sich bei den von den USA offerierten Preisen um Festpreise handelt. Ansonsten wären die Klausel und die Zusatzerklärung nicht nötig gewesen. Diese gemeinsame Erklärung wurde erst im Dezember 2021, also erst, nachdem die Verträge bereits ausgehandelt waren, unterschrieben.
Solche Zweifel sind berechtigt. Standardmässig ist nämlich in den US-amerikanischen Offerten und -Verträgen (den sogenannten Letter of Offer and Acceptance) von Schätzungen die Rede. Auch die allgemeinen Geschäftsbedingungen sprechen von bestmöglichen Schätzungen. Mit der Unterschrift unter die Offerte verpflichtet sich nämlich der einkaufende Staat, schlussendlich die gesamte Rechnung zu bezahlen, auch wenn der Rechnungsbetrag höher ausfällt als die Offerte.
Die US-Behörden haben bisher nie eindeutig kommuniziert, dass sie für die Schweiz Finanzrisiken übernehmen würden. Im Grunde sagt die US-Regierung bislang öffentlich, die Schweiz als Kundin könne von den gleichen Bedingungen profitieren wie die US-Regierung selbst.
Das ist auch der Kern des US-Rüstungsexportregimes «Foreign Military Sales» FMS. Die US-Regierung will mit dem Geschäft keinen Gewinn erzielen. Aber auch keine Verluste, die sie dann auf die US-Steuerzahlerinnen und -zahler überwälzen müsste.
Schweiz hat Obergrenze bei Budget für Kampfjets
Die Preisfrage bleibt also die Achillesferse bei diesem Beschaffungsprojekt. Denn die Schweizer Beschaffungsbehörde Armasuisse hat Festpreise von den vier Kampfjet-Anbietern verlangt. Sollte sich herausstellen, dass die USA nicht verbindliche Preise in ihrer Offerte abgeben haben, müssten die US-Anbieter eigentlich aus dem Rennen genommen werden.
Das VBS hält dazu fest, ein Festpreis sei weder ein Eignungskriterium noch eine Voraussetzung gewesen. Die Frage nach dem Ausschluss stelle sich deshalb nicht.
Die Schweizer Bevölkerung hat für den Kauf neuer Kampfjets zudem eine finanzielle Obergrenze gesetzt von 6 Milliarden Franken – plus die Teuerung bis zum Liefertermin. Einen grossen finanziellen Spielraum haben die Schweizer Behörden damit nicht.
In den USA herrscht zurzeit eine hohe Teuerung. Darum verhandeln seit Monaten die Herstellerin des F-35 und die US-Regierung über den Preis der nächsten drei Produktionslose – bislang ohne Einigung. Darum wäre es wichtig, dass die Frage nach den Festpreisen keine politische Glaubensfrage bleibt.
Die Klärung könnte nur noch eine klare Ansage aus Washington bringen. Ja, wir tragen die Finanz-Risiken für euch. Oder eben wir tragen sie nicht.