Das Schächental: Es ist ein wildes Tal mit kurvigen Strassen und Wegen, saftigen Alpenblumenwiesen, einem eindrücklichen Bergpanorama – und vielen Seilbahnen. Genauer: Kleinseilbahnen und Wildheuseilen. Sie führen von der Klausenpassstrasse hinauf in verschiedene Bergbauernhöfe und sind so etwas wie die Lebensader für die Familien, die im Schächental leben.
Bei der Talstation der Seilbahn Witterschwanden-Eggenbergli, direkt beim Bergbach Schächen, ist Michel Roth mit einer Zange am Werk. Er ist kein Seilbahnmechaniker, wie man auf den ersten Blick vielleicht meinen könnte, sondern Musikprofessor an der Hochschule für Musik in Basel.
Michel Roth verkabelt die kleine grüne Seilbahn und stattet sie mit einem Mikrofon aus: «Ich habe das Mikrofon an einem Metallteil der Gondel befestigt. Die Gondel ist aufgehängt an einem Seil, das mehrere hundert Meter lang ist und über verschiedene Masten reicht.» Wenn er also jetzt mit der Seilbahn hinauf zur Bergstation fährt, an zahlreichen Bauernhöfen vorbei, dann erzeugt dies Klänge, die auf seinem montierten Mikrofon landen. Mit Kopfhörern und einem mobilen Tonstudio kontrolliert er die Aufnahmen. Michel Roth ist zufrieden.
Der Musikprofessor und Komponist hat bereits einige Seilbahnen im Schächental aufgenommen. Ihren Klang festzuhalten, ist Teil eines Forschungsprojekts des neu gegründeten Instituts «Kulturen der Alpen» in Altdorf.
Das Institut befasst sich vertieft mit der Bedeutung der Seilbahnen – eben auch als Kulturgut. Mit Fotografien, Texten und Tönen sollen diese alpinen Transportmittel der Nachwelt erhalten bleiben. Die Aufnahmen von Michel Roth und damit die Klänge der Schächentaler Seilbahnen faszinieren: Von brummenden Bässen über singende Obertöne bis hin zu Technobeats ist alles zu hören.
In der Tat ist Michel Roth überzeugt, dass einige Aufnahmen sogar die Techno-Szene interessieren könnten. «Seile und Masten stehen nicht einfach still in der Landschaft», sagt der Komponist und Musikprofessor. «Sie machen Geräusche, klopfen einen Takt, und manchmal singen sie.»
Es sind Klänge darunter, da würde sich auch die Techno-Szene dafür interessieren.
Dabei spiele auch das Wetter eine grosse Rolle: Wind und Temperaturen hätten einen Einfluss auf den Klang der Seilbahnen – genauso wie der Lärm von landwirtschaftlichen Maschinen.
Aus den umfangreichen Tonaufnahmen will Michel Roth eine Komposition erstellen. Seine Musikinstrumente sind dabei die kilometerlangen Seile und die ganze Infrastruktur der Seilbahnen. Das mache es besonders interessant. Für den Hessischen Rundfunk kann Michel Roth daraus eine Klangkunst-Sendung machen. Meistens werde da eigentlich elektronische Musik gesendet. «Meine ist nun gar nicht so elektronisch, aber klingt teilweise ähnlich», sagt der Komponist.
Bis es so weit ist, braucht es aber noch viel Tonmaterial. Darum nimmt Michel Roth weiterhin sein mobiles Tonstudio unter den Arm und macht sich auf, um im Schächental ganz besondere Seilbahntöne einzufangen.