Daniel Koch, der Chef der Abteilung für übertragbare Krankheiten gesteht im Rundschau talk ein: «Ich glaube nicht, dass man das Debakel hat kommen sehen – so wenig wie man diese Epidemie hat kommen sehen. Wäre dies der Fall, könnte man reagieren.» Die Rede ist von den besonders schützenden Masken der Kategorie FFP-2. Sie werden rar in der Schweiz.
So etwa im Spital Biel. Dort wo sich normalerweise Schutzmasken stapeln, liegen zwei einsame Packungen. Den Hauptteil der Masken musste man wegschliessen. Nur vier Menschen haben Zutritt. Man kämpfe mit Diebstählen, begründet Bernhard Roder, Leiter Beschaffung und Logistik des Spitals die Massnahme: «Wir haben einfach Angst, dass wir ein grosses Problem mit der Versorgung des Spitals bekommen.»
«Man spielt mit Menschenleben»
Die Schutzmasken seien absolut notwendig, um das Personal zu schützen, betont der Bieler Spitaldirektor Kristian Schneider. Deshalb hatte er auch zugestimmt, 10'000 Masken zum 10-fachen des Normalpreises zu kaufen. Doch einen Tag vor der Lieferung verlangte der Lieferant plötzlich zwei Franken mehr pro Maske, 9.50 Franken. Schneider sagte dem Lieferanten ab. «Wir kommen in eine Situation, die praktisch unethisch ist. Lieferanten spielen mit dem Leben der Gesundheitsfachpersonen und der Patienten.»
Doch weshalb kam es überhaupt soweit? Fast alle Schutzmasken kommen heute aus chinesischen Fabriken. Nach der Ausbreitung des Virus in China stieg der Bedarf und es wurde weniger produziert. In Europa blockierten Nachbarstaaten wie Frankreich und Deutschland Lieferungen in die Schweiz.
Winzige Pflichtlager
Das Bundesamt für wirtschaftliche Landesversorgung (BWL) versuchte jahrelang ein Pflichtlager für Schutzmasken einzurichten. Aber die Pläne scheiterten. Nur wenige Importeure haben sich heute freiwillig verpflichtet, Masken für den Notfall zu lagern, insgesamt rund 180'000 der besonders schützenden FFP-2 Masken. Wie der Bund vor Jahren aber berechnet hat, bräuchte es in einer Pandemie 745'000 solcher Masken.
Es sind die Spitäler, welche in erster Linie für den Masken-Vorrat zuständig sind, so steht es im Pandemieplan des Bundes. Jedes Spital sollte demnach so viele Masken lagern, wie es in normalen Zeiten in viereinhalb Monaten verbraucht. Doch der Bund entdeckte bereits 2016, dass der nötige Vorrat von FFP-2 Masken in den Kantonen nur zu 65 Prozent gedeckt war. Trotzdem blieb es bei Empfehlungen für die Spitäler.
Brief vom Bund führt zu Engpässen
Ende Januar erinnerte das BWL die Spitäler an die Empfehlungen. Der Bieler Spitaldirektor, Kristian Schneider, sagt, der Brief des Bundesamtes habe zu einem Lieferengpass geführt. Alle hätten danach zur gleichen Zeit Masken bestellt und gleichzeitig sei auch der Verbrauch gestiegen. Vergangene Woche lag der Verbrauch 400 Prozent über dem Normalverbrauch.
So gab es bereits im Februar Gesuche der Spitäler, die Vorräte des Bundes anzuzapfen. Inzwischen hat der Bund seine Lager geöffnet. Ueli Haudenschild, der im BWL für Heilmittel zuständig ist, meint: «Das grosse Problem ist einfach, dass in normalen Situationen niemand bereit ist, wahnsinnig viel in Notsituationen zu investieren. Jetzt lernt man vielleicht daraus und kann am einen oder anderen Ort entsprechend reagieren». Eine Überlegung, sei, ob man in Zukunft mit Verpflichtungen statt mit Empfehlungen arbeiten müsse.
Masken-Produktion rollt an
Doch auch aktuell sei der Bund aktiv auf der Suche nach Lösungen betont Koch im Rundschau talk: «Der Bund kauft momentan alles auf, was er kann. Es wird reichen. Wir haben jetzt auch eine Produktion von Masken. Es werden etwa 40'000 Masken pro Tag produziert.» Doch wie gut dieser Nachschub aus der Schweiz wirklich ausreicht, wird wohl von den Fallzahlen in der Schweiz abhängen.