Über 70'000 Sans-Papiers leben in der Schweiz – davon geht der Bund in einer Schätzung aus. Die meisten arbeiten als Hausangestellte, im Gastgewerbe, in Restaurants. Unter gewissen Umständen können Sans-Papiers auch einen regulären Aufenthaltsstatus erhalten. Das wird aber ganz unterschiedlich angewandt. Während Kantone in der Romandie häufig Sans-Papiers regularisieren, passiert das in der Deutschschweiz viel weniger oft.
Einer, der einst ein Sans-Papiers war, ist Byron Allauca. Der 57-Jährige hat vor 30 Jahren seine Heimat Ecuador auf der Suche nach einem besseren Leben verlassen. Als er in der Schweiz angekommen sei, habe er stets Angst vor der Polizei gehabt. Es sei ein Leben im Versteckten gewesen, berichtet Allauca.
Heute ist Allauca Schweizer, hat eine geregelte Arbeit bei den Lausanner Verkehrsbetrieben – dank einer Härtefallbewilligung. Diese kann erteilt werden, wenn jemand trotz der illegalen Einreise schon über zehn Jahre hier ist, eine Landessprache gut spricht und nie straffällig geworden ist.
Um ein Vielfaches mehr Gesuche aus Romandie
Bei Härtefallbewilligungen gibt es in der Schweiz grosse Unterschiede. Von den über Tausend Härtefallen, die das Staatssekretariat für Migration (SEM) im letzten Jahr bewilligt hat, wurden die allermeisten Gesuche aus der Romandie eingereicht. Nur 27 Gesuche gab es aus der Deutschschweiz. Aus Basel-Stadt bewilligte das SEM drei Fälle (siehe Tabelle).
Katharina Boerlin ist Co-Leiterin der Sans-Papiers-Anlaufstelle in Basel-Stadt und Koordinatorin der Sans-Papiers-Plattform Schweiz. Aus Ihrer Sicht gibt es einen klaren Grund für die wenigen Härtefallgesuche in Basel:
«Die Spielregeln im Kanton sind nicht mehr klar. Einige Jahre lang konnten wir uns an ein Merkblatt richten und Härtefälle einreichen, wenn wir dachten, dass es eben dem Merkblatt entspricht.» Jetzt, seit rund vier Jahren, seit dem Regierungswechsel, könnten sie sich nicht mehr an dieses Merkblatt halten. Das heisst, man reiche auch keine Gesuche mehr ein.
Kanton | Gutheissung | Ablehnung |
AG | 1 | 0 |
BE | 9 | 0 |
BS | 3 | 0 |
GE | 905 | 2 |
GR | 1 | 0 |
NE | 3 | 0 |
NW | 1 | 0 |
SG | 2 | 0 |
VD | 123 | 0 |
ZH | 11 | 0 |
Total | 1059 | 2 |
Gesuch bedeutet auch ein Risiko
Die Sans-Papiers-Anlaufstelle ist vorsichtig, denn Sans-Papiers riskieren viel, wenn sie ein Gesuch einreichen: Sie exponieren sich, geben ihre Personalien preis. Und sie erhalten eine Strafanzeige wegen widerrechtlichen Aufenthalts.
Um den Sans-Papiers die Angst zu nehmen, prüft das Basel-städtische Migrationsamt in einem ersten Schritt Gesuche auch anonymisiert. Neben dem Migrationsamt gebe es auch noch eine Härtefallkommission, sagt die zuständige Justiz- und Sicherheitsdirektorin des Kantons Basel-Stadt, Stephanie Eymann. Diese gewichte im Einzelfall anders, nämlich: «Wenn wir finden, das Gesamtbild stimmt». Dann würde man den Fall dem SEM präsentieren, um eine Aufenthaltsbewilligung zu bekommen. Um eine Praxis entwickeln zu können, brauche es aber auch die entsprechenden Gesuche.
Deutschschweiz hinkt hinterher
Misstrauen auf der einen Seite, zu wenig Gesuche auf der anderen. In Basel-Stadt dreht man sich also im Kreis. In Zürich gab es 2023 etwas mehr Gesuche als auch schon, aber immer noch klar weniger als in der Romandie.
Das liegt auch an der Operation Papyrus, bei der in Genf in einem Pilotprojekt kollektiv Sans-Papiers regularisiert wurden, wenn sie die Kriterien des Bundes erfüllen.