Ein Bestattungsunternehmen im Kanton Neuenburg sorgt mit seinen ungewöhnlichen Methoden für eine Krisensitzung der dortigen Branche. Bestatter Bernard Emery ärgert sich über die Geschäftspraktiken einer seiner Konkurrenten: «Wir haben bei uns gewisse Methoden, die nicht allen passen. Nun braucht es Vorschriften oder eine Charta.»
Tochter einer verstorbenen Frau erzählt
Die Bestattungsunternehmen stören sich zum Beispiel daran, dass ihr Konkurrent eine Art Doppelfunktion hat: Ein Bestatter arbeitet nämlich zusätzlich als spiritueller Begleiter in einem Pflegeheim. Der Mann hat eine todkranke Mutter besucht, deren Tochter anonym bleiben möchte. «Er kam viel zu meiner Mutter», sagt die Tochter. «Er ist fast wie ein Pfarrer aufgetreten und war übertrieben anhänglich und mitfühlend.»
Doch das sei er nur bis zu jenem Tag gewesen, als die Frau sich weigerte, ihm die Verantwortung für die Beerdigung ihrer Mutter zu geben. «Als meine Mutter gestorben ist, lief er an mir vorbei, ohne mich zu grüssen. Das zeigte mir, dass er nur da war, damit ich sein Bestattungsunternehmen auswähle.»
Weitere zweifelhafte Methoden angewendet
Der Bestattungsunternehmer soll noch weitere zweifelhafte Methoden angewendet haben, um an neue Aufträge zu kommen. So brauchte er Zugang zum Sterberegister im Neuenburger Spital, um den Trauerfamilien ihre Dienste direkt anzubieten. Das Spital will nun den Bestattungsunternehmen besser auf die Finger schauen. «Es wird neu immer eine Person des Spitals dabei sein, wenn die Firmen einen Leichnam abholen», sagt Jean-Marc Bösiger, Verantwortlicher der Leichenhalle im Spital Neuenburg. «So sehen wir, was die Leute dort genau machen.»
Auch die Verantwortlichen des Friedhofs Neuenburg wollen Regeln verschärfen, nachdem das Bestattungsunternehmen zweimal wegen unprofessionellen Verhaltens aufgefallen ist. Ebenso hat die katholische Kirche in Neuenburg reagiert und will den Bestattungsunternehmer, der selbst Beerdigungen durchführt, ausschliessen. Er ist auch der Grund dafür, dass die Kirche entschieden hat, keine weltlichen Zeremonien in ihren Kirchen mehr zuzulassen.
Bestattungsunternehmen fordern Vorschriften
Das Unternehmen profitiert offensichtlich von einer liberalen Rechtsordnung: Im Kanton Neuenburg gibt es ebenso wie in Freiburg und Bern kein Gesetz, das Bestattungen regelt. Die restlichen Westschweizer Kantone Genf, Wallis und Jura hingegen haben verbindliche Regeln.
Deshalb fordern die Neuenburger Bestattungsunternehmen verbindliche Vorschriften vom Kanton. Sie wollen sich bis im Sommer mit den zuständigen Behörden treffen.