Schweizer Bestatterinnen und Bestatter erledigen zunehmend Aufträge für deutsche Hinterbliebene. Vor allem in Grenznähe werden sie so zur Zwischenstation auf dem Letzten Weg von Menschen, die in Deutschland beigesetzt werden sollen.
Das hat in den letzten zehn Jahren zugenommen.
Berto Biaggi hat ein Unternehmen im aargauischen Gipf-Oberfrick, zehn Fahrminuten von der deutschen Grenze weg. Im Auftrag der Hinterbliebenen fordert er immer wieder Urnen mit der Asche von Verstorbenen bei seinen deutschen Kolleginnen und Kollegen an.
«Das hat in den letzten zehn Jahren zugenommen.» Er übernehme diese Aufgabe heute sechsmal häufiger, so Biaggi. Selbst aus Norddeutschland würden entsprechende Anfragen eingehen.
Deutsche Friedhofspflicht
Der Hintergrund: In Deutschland gilt Friedhofspflicht. Sogenannte Naturbestattungen – etwa unter einem Baum oder in einem See – sind nicht zugelassen. Angehörige in Deutschland erhalten die Urne nach der Kremation gar nicht erst. Sie wird direkt den Friedhofsgärtnerinnen und -gärtnern übergeben.
Anders in der Schweiz: «Rechtlich ist die Bestattung in der Schweiz mit der Kremation abgeschlossen. Was nachher mit der Asche passiert, ist dem Staat egal», so Biaggi. Deshalb darf er auch deutschen Trauerfamilien die aus Deutschland angeforderten Urnen übergeben.
Was nachher mit der Asche passiert, ist dem Staat egal.
Versandt werden diese per Post in die Schweiz. «Ich übergebe sie mit einem Blümchen – und das wars», erklärt Biaggi. 200 Franken koste diese Dienstleistung, die eine Bestattung ausserhalb des Friedhofs doch noch möglich macht.
Naturbestattungen müssten in der Schweiz stattfinden
Diese Naturbestattungen müssten wegen der in Deutschland geltenden Friedhofspflicht theoretisch in der Schweiz stattfinden. Biaggi sagt: «Was die Angehörigen mit der Urne machen, entzieht sich weitestgehend meiner Kenntnis. Ich bin ja nicht dabei, wenn sie diese in der Schweiz beisetzen.» Viele Betroffene dürften die Urne nach der Übergabe wieder mit nach Deutschland nehmen.
Was die Angehörigen mit der Urne machen, entzieht sich weitestgehend meiner Kenntnis.
Wie oft deutsche Hinterbliebene den Umweg über die Schweiz wählen, ist unklar. Weder der Verband der Schweizer Bestattungsdienste noch die Post hat entsprechende Zahlen. Und auch das Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit macht keine Erhebungen dazu.
Urnen bedürfen zollrechtlicher Abfertigung
Dasselbe melden auch die deutschen Kolleginnen und Kollegen. Die deutsche Generalzolldirektion lässt aber ausrichten, im Gegensatz zur Asche müsse die Urne bei Wiedereinfuhr nach Deutschland «zollrechtlich abgefertigt» – also angemeldet – werden. Immerhin entstehen dabei dank einer Steuerbefreiung keine Kosten.
Trotz des Friedhofszwangs in Deutschland lässt der deutsche Zoll durchblicken, dass man Kremierte, deren letzter Weg zweimal über die Schweizer Grenze geführt hat, auch nicht aufhalten werde. Das gelte auch für Hinterbliebene, die die Urne privat transportieren. Denn die Durchsetzung der Friedhofspflicht sei Sache der Bundesländer.